: Ab nach Den Haag
Bosnische Polizei verhaftet drei der eigenen Generäle. Der Vorwurf: Verbrechen beim Kampf gegen Kroaten
SARAJEVO taz ■ Kurz nach dem Aufsehen erregenden UN-Urteil gegen den serbischen General Radoslav Krstić wegen des Massakers von Srebrenica sind in Bosnien drei einstige Generäle der bosnischen Regierungsarmee verhaftet worden, denen von der UNO Kriegsverbrechen vorgeworfen werden. Es handelt sich dabei um General Enver Hadzihasanović, General Mehmed Albagić und Oberst Amir Kubura. Ihnen wird vorgeworfen, zwischehn Januar 1993 und Januar 1994 Kriegsgefangene und Zivilisten vor allem der kroatischen Volksgruppe ermordet oder unmenschlich behandelt zu haben. So mussten die Gefangenen Schutzgräben für die Armee ausheben. Weiterhin sollen sie für Plünderungen und Zerstörungen verantwortlich sein.
General Enver Hadzihasanović war Kommandeur des 3. Korps der bosnischen Armee in Zenica und damit der ranghöchste der jetzt von der bosnischen Polizei verhafteten mutmaßlichen Kriegsverbrecher. Mehmed Alagić befehligte die 17. Brigade und später, ab 1994, das 7. Armeekorps, das sich vor allem aus ehemaligen Gefangenen der serbischen Konzentrationslager Omarska und Manjaca zusammensetzte und in Travnik seine Zentrale hatte. Oberst Amir Kubura war der Kommandierende der so genannten „Mudjahedin“, einer aus arabischen und bosnischen Freiwilligen zusammengesetzten Truppe, auch 7. Brigade genannt, die nach einem Massaker an der muslimischen Bevölkerung von Ahmici im April 1993 gebildet wurde.
Im Sommer 1993 leitete General Hadzihasanović nach kroatischen Angriffen eine Gegenoffensive der bosnischen Armee, die damals angesichts der koordinierten Aktionen der Serben und Kroaten in Bosnien ürchten mußte, vollständig aufgerieben zu werden. Während dieser Offensive beging die Mudjahedin-Brigade Verbrechen an der kroatischen Bevölkerung der Dörfer um die katholischen Klöster Guča Gora, Krajeva Sutjeska und auch in Bugojno. Im Dezember 1993 wurde die weitgehend selbstständig operierende Truppe aufgelöst und ihre Soldaten in das 3. bosnische Armeekorps der eingegliedert. Als Oberkommandierender des gesamten zentralbosnischen Raums trägt General Enver Hadzihasanović Verantwortung. General Mehmed Alagić muss sich vermutlich wegen der Vertreibung der katholischen Bevölkerung von Bugojno und der Zerstörung ihrer Häuser verantworten. Nach dem Krieg wurde Alagić als Bürgermeister von Sanski Most mit Korruptionsskandalen in Zusammenhang gebracht. 1999 wurde er von einem bosnischen Gericht zu vier Jahren Haft verurteilt.
ERICH RATHFELDER
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