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„Den Begriff Exekution gibt es in Israel nicht“

Jarden Vatikai, Sprecher des Verteidigungsministeriums, bezeichnet die gezielten Hinrichtungsaktionen der letzten Tage als Pflicht Israels

taz: Die israelische Regierung sagt, die Politik der gezielten Exekutionen sei effektiv. Woran lässt sich diese Effektivität festmachen?

Jarden Vatikai: Den Begriff Exekution gibt es in Israel nicht. Es gibt hier nur eine Sache, und die heißt Selbstverteidigung. Die Effektivität ist, dass ein Einkaufszentrum, ein Autobus oder eine weitere Diskothek nicht in die Luft geht. Wenn Israel einen Anschlag verhindern kann, werden hunderte Leben gerettet.

Nach dem Mordanschlag auf den so genannten Ingenieur Jahja Ajasch Anfang 1996 folgte eine ganze Serie von Terroranschlägen der Palästinenser, die fast hundert Todesopfer forderten. War das etwa effektiv?

Muss ich Sie daran erinnern, dass es bereits zuvor viele Attentate gegeben hatte, hinter denen Jahja Ajasch stand? Deshalb ist diese Betrachtungsweise zynisch und historisch schlicht falsch. Auch jetzt sind wir in einer Situation, wo Tag für Tag Sprengsätze gefunden werden. Worüber reden wir hier? Sie sagen, die Attentate fangen erst an, wenn wir in Aktion getreten sind? Das ist eine manipulative Betrachtungsweise.

Aber für jeden der Hingerichteten finden die Palästinenser einen Ersatz

Hier ist die Rede von Leuten, die über größtes Wissen über die Planung und Ausführung von Terrorattentaten verfügen. Vielleicht gibt es Ersatz für sie. Aber ist das ein Grund, nichts gegen den Terror zu unternehmen, sondern dazustehen und sich abschlachten zu lassen?

Wieviele Namen stehen auf Ihrer schwarzen Liste?

Es gibt keinerlei schwarze Listen. Wir treten erst dann in Aktion, wenn es keine Alternative gibt. Was wir haben, sind Listen, die wir der palästinensischen Führung übergeben haben. Das sind insgesamt über 100 Palästinenser, die an Terroranschlägen beteiligt waren und weitere planen. Die palästinensischen Sicherheitsdienste haben nicht das Geringste getan. Wenn die Möglichkeit zu Verhaftungen besteht, dann verhaften wir. Aber wenn innerhalb des palästinensischen Autonomiegebiets, zu dem wir keinerlei Zugang haben, ein Terroranschlag organisiert wird und die palästinensische Führung die nachrichtendienstlichen Informationen, die sie unter anderem von uns bekommt, ignoriert, dann ist es das Recht eines Staats, seine Bürger zu schützen. Es ist nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht.

Gab es in der Vergangenheit Aktionen, die abgebrochen wurden, um Unschuldige zu schützen?

Die Zahl der unschuldig Verletzten ist sehr gering und kann vielleicht an einer Hand abgezählt werden. Das ist so, weil wir die effektivsten und genauesten Waffen einsetzen. Bei dem Angriff in Nablus am Dienstag wurden Raketen eingesetzt, die durch das Fenster eindrangen. Das Gebäude steht und sieht aus, als sei nichts geschehen.

Wie kommt es dann, dass trotzdem sechs Unschuldige getötet wurden?

Warum sechs? Es waren zwei Kinder unter den Toten.

Und vier Journalisten.

Wer sich ins Schlangennest wagt, nimmt die Gefahr in Kauf. Übrigens sind es die gleichen Schlangen, die ihre Nester mitten in die am dichtesten besiedelten Viertel bauen. Die Fabrik für Mörsergranaten, die wir angegriffen haben, war in einem Büro-und-Wohn-Haus eingerichtet. Wie zynisch! Bei uns gilt: Wenn es handfeste Informationen gibt, dass Unschuldige zu Schaden kommen, wird die Operation abgeblasen. Das kam in der Vergangenheit oft vor.

Sind die jüngsten palästinensischen Todesurteile gegen Kollaborateure eine Folge der Hinrichtungen?

Ob es Kollaborateure waren oder nicht, weiß ich nicht. Aber hier können Sie das Wort Exekution anwenden. Hier werden Leute genommen und einfach hingerichtet nach Prozessen, die zehn Minuten dauern, oder auch ganz ohne jeden Prozess. Wir sehen dort schlicht eine Brutalisierung der Gesellschaft. Die palästinensischen Behörden führen sich auf wie eine Mafia.

Wir erklären Sie, dass die Welt so wenig Sympathie für die Exekutionen aufbringt? Nach dem Massaker bei der Olympiade 1972 in München wurden die Attentäter einer nach dem anderen hingerichtet. Damals reagierte das Ausland anders.

Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem, was öffentlich kundgetan wird, und dem, was die Staatsführer wirklich meinen. Sie wissen ganz genau, dass es das gute Recht Israels ist, seine Bürger zu beschützen. Auf diesem Weg – da es keinen anderen gibt. Dazu kommt, dass die internationale Verurteilung dem sehr zu bedauernden Fall folgte, bei dem offenbar unschuldige Zivilisten getötet wurden. Sonst hätte es wohl keine Kritik gegeben. Der Westen versteht sehr gut, mit wem Israel es zu tun hat.

INTERVIEW: SUSANNE KNAUL

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