Grüne herzen Gipfelgegner

Parteichefin Claudia Roth nimmt in der taz Globalisierungskritiker in Schutz vor Joschka Fischer. Deren Forderung nach Steuer auf globale Finanztransfers gehöre ins grüne Wahlprogramm

BERLIN taz ■ Wen sollen die Grünen kritisieren: die Globalisierung oder die Globalisierungskritiker? In die innergrüne Auseinandersetzung nach dem G-8-Gipfel von Genua hat sich jetzt die Parteivorsitzende Claudia Roth eingeschaltet. In einem Interview mit der taz wies sie die Bewertung von Außenminister Joschka Fischer zurück, der Protest gegen die Globalisierung komme „im Gewand eines abgestandenen linksradikalen Antikapitalismus“ daher. „Ich würde die Forderung der Kritiker nach einer ‚Globalisierung von unten‘ nicht unter solche Bezeichnungen subsumieren“, sagte Roth.

Zuvor hatte bereits der grüne Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit seinem langjährigen Gefährten Joschka Fischer eine Fehleinschätzung vorgeworfen. An die Adresse der Globalisierungskritiker gerichtet, räumte die Grünen-Chefin jetzt ein: „Wir haben in letzter Zeit die Nord-Süd-Auseinandersetzung vernachlässigt.“

Erstmals hat damit die grüne Parteispitze auf Vorwürfe reagiert, die Grünen hätten seit ihrem Regierungsantritt dem Thema Globalisierung zu wenig Beachtung geschenkt. „Wir haben unterschätzt, dass Globalisierung nicht nur ein Nischenthema ist“, sagte Roth der taz, „das interessiert längst nicht mehr nur Experten.“ Nach Roths Ansicht muss sich die Partei mit diesem Thema profilieren.

Konkret befürwortete die Vorsitzende, in das Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2002 die Forderung nach der so genannten Tobin-Tax aufzunehmen. Die nach dem Nobelpreisträger James Tobin benannte Steuer soll weltweit auf Finanztransfers erhoben werden. Sie sei „ein Projekt, das unser Wahlprogramm schmücken würde“, sagte Roth.

PATRIK SCHWARZ

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