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Nicht im Fahrplan

Lehrter Bahnhof: Der veränderte Bauablauf am Superbahnhof könnte die Autoröhre für B 96 blockieren. Deutsche Bahn wiegelt ab, Strieder empört

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Der komplizierte Bauablauf bei der Errichtung des neuen Lehrter Hauptbahnhofs droht, die Eröffnung des Autotunnels unter dem Tiergarten zu verzögern. Weil das Glasdach über der langen Ost-West-Trasse des Bahnhofs aus technischen Gründen nicht wie geplant im August montiert werden kann, ist die „DB Projekt Berlin“ jetzt gezwungen, den Bauablauf zu verändern. Dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden könnte der Termin für den Abriss des alten Lehrter Stadtbahnhofs Ende 2002. Erst wenn dieses Gebäude abgetragen und die Baugrube fertig gestellt ist, kann das letzte Teilstück des Tunnels realisiert werden.

Während ein Bahnsprecher gestern einräumte, dass „Risiken“ bestünden, den Autotunnel 2004 eröffnen zu können, wies die Deutsche Bahn AG Meldungen zurück, der große Bahnhof würde statt 2006 erst 2007 in Betrieb gehen. Gunnar Meyer, Sprecher der Bahn AG Berlin-Brandenburg, hatte gestern bestätigt, dass „fehlende Genehmigungen“ für die Stahlträger des Glasdachs über den Bahnsteigen einen anderen Terminplan beim Bau der Trasse nötig machten. „Der Bahnhof ist ein Unikat“, sagte Meyer, man müsse darum mit „Änderungen im Ablauf“ rechnen. Deshalb würde die Fertigstellung der Gleistrassen und der Bahnsteige vorgezogen. Die Verschwenkung vom alten Gleisbett zum neuen sei für Anfang 2003 vorgesehen. Dann werde der alte Bahnhof abgerissen. Eine zeitliche Verzögerung für den Betriebsbeginn 2006 des 1 Milliarde teuren Lehrter Zentralbahnhofs schloss Meyer aus.

Bauexperten fürchten jedoch, dass sich die veränderten Bauabläufe nicht nur auf die Eröffnung negativ auswirken könnten, sondern auch den Tunnel für die B 96 betreffen. Nach Ansicht von Petra Rohland, Sprecherin der Bauverwaltung, könne angesichts der Verzögerungen die Tunneleröffnung „2004 dann nicht mehr gehalten werden“ und die Röhre in Betrieb gehen. Derzeit würde in der zuständigen Fachabteilung in der Bauverwaltung nach Wegen gesucht, wie der Bauablauf beschleunigt werden könnte, um den Abriss des alten Bahnhofs und die Straße unter dem Tiergarten im Limit zu halten.

Sowohl der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer als auch Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) trauen der Bahn nicht mehr zu, dass sie im Zeitplan bis 2006 bleibt. Während Cramer an eine Eröffnung des Superbahnhofs nicht mehr vor dem Jahr 2010 glaubt, empört sich Strieder über die ständigen Verschiebungsmeldungen. Sollten sich die schlechten Prognosen bewahrheiten, wäre „das eine Katastrophe“. Strieder forderte insbesondere „das Management“ auf, alles zu tun, den Zeitplan zu halten.

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