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Schröder halb im Kampfanzug

Das Bundeskabinett tritt möglicherweise schon in der nächsten Woche zu einer Sondersitzung zusammen, um über den Mazedonien-Einsatz der Bundeswehr zu entscheiden. Doch die Zustimmung des Bundestages ist keineswegs sicher

von NICOLE MASCHLER

Nach dem von EU und Nato vermittelten Friedensplan in Mazedonien will die Bundesregierung noch keinen Termin für die Abstimmung des Bundestages über einen Einsatz deutscher Soldaten festsetzen. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte gestern während seiner Ostdeutschlandreise jedoch, er rechne noch in dieser Woche mit einer Entscheidung der Nato: „Von jetzt an ist mit zügigen Entscheidungen zu rechnen.“ Regierungssprecherin Charima Reinhardt sagte in Berlin, mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens am vergangenen Montag seien die Bedingungen für einen Nato-Einsatz „im Wesentlichen“ gegeben.

Entscheidend sei nun, ob es einen „haltbaren, tragfähigen Waffenstillstand“ gebe. Wenn der Nato-Rat diesen als erfüllt ansehe, könne das Kabinett „zügig“ zusammenkommen. Eine Sondersitzung bereits in der nächsten Woche wollte Reinhardt nicht mehr ausschließen. „Wenn die Entwicklung es erfordert“, so Reinhardt, werde vom normalen Terminplan abgewichen.

Noch ist allerdings unsicher, ob Rot-Grün für den Einsatz im Bundestag eine Mehrheit findet. 28 Abgeordnete haben eine Erklärung des SPD-Abgeordneten Harald Friese unterzeichnet: Sie wollen im Parlament gegen den Einsatz stimmen und fordern ein UN-Mandat. Die Bundesregierung sieht dafür keine Notwendigkeit. Auf Bitten der mazedonischen Regierung gebe es „ein Mandat der Nato“, so eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.

Doch nicht nur bei der SPD, auch beim kleinen Koalitionspartner gibt es Abweichler. Die Grüne Annelie Buntenbach hatte ihre Zahl mit etwa sieben beziffert. Fraktionschefin Kerstin Müller hoffte gestern dennoch, „dass wir auch die Skeptiker noch überzeugen können“.

Kanzler Gerhard Schröder zeigte sich denn auch optimistisch, dass der Bundestag grünes Licht für den Einsatz gibt. Falls sich die Nato zum Handeln entschließe, dürfe sich auch Deutschland nicht entziehen.

Nach einer Entscheidung des Verfassungsgerichts in Karlsruhe muss der Bundestag Auslandseinsätzen der Bundeswehr im Voraus zustimmen. Schröder hatte angekündigt, die Koalition würde den Einsatz notfalls auch gegen die Opposition durchsetzen. SPD und Grüne haben im Bundestag zusammen 341 Stimmen, die absolute Mehrheit beträgt 334 der 666 Abgeordneten. Bei mehr als sieben Abweichlern wären sie auf Stimmen der Opposition angewiesen.

Der Verteidigungsexperte der Unionsfraktion, Paul Breuer (CDU), will einen Einsatz von der finanziellen Ausstattung der Bundeswehr abhängig machen. Von mehr Geld für die Bundeswehr wollte Regierungssprecherin Reinhardt gestern zwar nichts wissen. Sie verwies aber darauf, dass die Bundesregierung für den Mazedonien-Einsatz zusätzliche Mittel bereitstelle. Deutschland soll 500 der 3.500 Nato-Soldaten stellen.

Das Verteidigungsministerium bereitet sich nach eigenen Angaben bereits auf einen Einsatz vor. Möglich sei eine „zweiphasige Verlegung“ der Truppe: Zunächst könnten bereits auf dem Balkan stationierte Einheiten nach Mazedonien verlegt werden und später Soldaten aus Deutschland folgen.

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