Harte Zeiten für Opel Bochum

Gemeinsam wehren sich die europäischen Betriebsräte von Opel und General Motors gegen die Überlegung des Vorstandes, eine komplette Fabrik zu schließen. In Deutschland wäre Bochum gefährdet. Alternative: Kürzungen in mehreren Werken

aus RüsselsheimKLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Die Belegschaften der Autowerke von Opel, Saab und General Motors (GM) in Europa wollen sich „nicht wie die Lämmer zur Schlachtbank führen lassen“. Das sagte der Bochumer Opel-Betriebsratsvorsitzende, Peter Jaszcyk, nach einer gemeinsamen Sitzung des Gesamtbetriebsrates und des Europäischen Arbeitnehmerforums (EEF) von GM. Jaszcyk ist sauer auf den Vorstandsvorsitzenden der Adam Opel AG, Carl-Peter Forster. Der hatte auf einer Pressekonferenz am Mittwoch die Schließung einer kompletten Produktionsstätte „auch in Deutschland“ nicht ausgeschlossen.

Das Restrukturierungsprogramm „Olympia“, mit dem Opel in nur zwei Jahren dauerhaft in die Gewinnzone „zurückfahren“ will, basiert auf der Verringerung der Produktion in Europa um rund 350.000 Fahrzeuge pro Jahr (die taz berichtete). Zur Umsetzung gibt es zwei Varianten. Erstens: In mehreren Werken werden die Produktion und die Belegschaft reduziert. Zweitens: Ein Werk wird komplett geschlossen, die Belegschaft abgewickelt.

Opel in Bochum wäre in Deutschland wohl der erste Kandidat für eine Werksschließung. Denn das Stammwerk in Rüsselsheim gilt als „unantastbar“. In Rüsselsheim gründete Adam Opel 1862 die Firma als Nähmaschinenfabrik in einem ehemaligen Kuhstall. Heute bauen Opel und GM dort für mehr als eine Milliarde Mark eine ganz neue Automobilfabrik (Leanfield) auf. Sie soll dereinst Vorbild für die gesamte Branche im dritten Jahrtausend sein, wie Vorstand und Betriebsrat bei der Grundsteinlegung im vergangenen Jahr gemeinsam euphorisch verkündet haben.

Mehr als eine Milliarde Mark soll die Umsetzung des Restrukturierungsprogramms kosten. Die Betriebsräte proben jetzt den Schulterschluss. Neben Jaszcyk (Bochum) und dem Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Franz (Rüsselsheim) sprach sich auch der Vormann der Arbeitnehmer von GM im belgischen Antwerpen, Rudi Kennes, gegen eine Werksschließung aus. Das GM-Werk in Belgien steht offenbar ganz oben auf der Abschussliste des Vorstandes.

Die Deutschen und Belgier sind sich mit ihren Kollegen in Großbritannien und Spanien einig. „Die Zeiten sind vorbei, in denen die Konzernspitze von GM in Detroit (USA) die einzelnen Werke in Europa gegeneinander ausspielen konnte“, sagte Klaus Franz, der auch dem europäischen Arbeitnehmerforum von GM vorsteht.

Mit den Betriebsräten jedenfalls werde es „keine Werkschließung wo auch immer“ geben – und auch keine betriebsbedingten Kündigungen. Davor schützt die Arbeitnehmer im Rüsselsheimer Stammwerk ohnehin noch der „Standortsicherungsvertrag“, der allerdings Ende 2002 ausläuft. Dann muss auch in Rüsselsheim neu verhandelt werden.

Unterhalb der Schwelle der Schließung einer kompletten Produktionsstätte sind die Betriebsräte durchaus bereit, das Restrukturierungsprogramm mitzutragen; und die Arbeitnehmer würden für ein Comeback von Opel am Markt auch Opfer bringen. Das Vertrauen vor allem in den neuen Vorstandsboss Forster ist überall groß. Zuvor waren bei Opel in nur wenigen Jahren gleich fünf Vorstandsvorsitzende aus den USA verschlissen worden, die Konzernmutter GM den Rüsselsheimern vor die Nase gesetzt hatte. Die glücklosen Vorstände kannten den instabilen europäischen Automobilmarkt nicht. Und sie saßen in Rüsselsheim mit Blick auf die Zentrale von General Motors Europe in Zürich und das GM-Hauptquartier in Detroit zwischen allen Stühlen. Jetzt soll es der Deutsche richten, der von BMW zu Opel kam. „Forster schlägt den richtigen Weg ein“, sagte etwa Reiner Bender (57) von der Abteilung Einkauf. Das Image von Opel müsse aufpoliert werden. Mit dem schon unter der Verantwortung von Forster entwickelten Astra-Cabrio komme der Verkaufserfolg ja schon zurück. Auch sein Kollege Armin Becker (33) hält viel von Forster und von „Olympia“. „Endlich geschieht etwas.“ Und Vorstand Forster weiß, dass „Olympia“ nur funktionieren wird, wenn Opel nicht nur die Drosselung der Produktion durchsetzt, sondern über einen Modellwechsel auch der Imagewechsel gelingt. Keine Autos für Biedermänner will Forster mehr bauen, sondern „faszinierende sportliche Fahrzeuge“ anbieten.