: Lehrer schauen bei Gewalt nicht mehr weg
Zahl der Gewalttaten an Schulen steigt leicht an. Schulsenator Böger lobt erhöhte Sensibilität bei Schülern und Lehrern
Die Zahl registrierter Gewalt-Vorfälle an den Schulen ist im letzten Schuljahr leicht gestiegen. Insgesamt wurden den Behörden 270 Fälle von Körperverletzung, Bedrohung und Sachbeschädigung gemeldet. Das sind 19 Vorfälle mehr als im Schuljahr 1999/2000. Nach Angaben des Landesschulamtes besuchen derzeit rund 387.000 Schüler eine allgemeinbildende Schule.
Für Schulsenator Klaus Böger dokumentiert die zunehmende Zahl von Gewalt-Vorfällen, dass an den Schulen eine erhöhte Sensibilität und Aufmerksamkeit Platz gegriffen habe. „Niemand, ob Lehrer oder Mitschüler, schaut mehr weg. Schulleiter melden Zwischenfälle im Gegensatz zu früher umgehend und nicht erst verspätet oder gar nicht“, sagte Böger in einem Zeitungsinterview.
Besonders auffällig ist diese Entwicklung bei Vorfällen mit rechtsextremen Hintergrund. Hier meldeten die Schulen 50 Fälle (statt 18 im Vorjahr) an die Behörden weiter. Häufig handelte es sich dabei um antisemitische Äußerungen und Pöbeleien unter Klassenkameraden. Die Bandbreite pädagogischer Sanktionen in solchen Fällen reicht laut Schulsenator Böger vom zeitweiligen Hausverbot über die Umsetzung in eine andere Schule bis hin zur Meldung an den Verfassungsschutz.
Vor falschem Alarmismus warnte die Landesschülervertretung. Ihr Sprecher, Sebastian Schlüsselburg, sagte, die veröffentlichten Zahlen dürften nicht dazu führen, dass mit härteren pädagogischen Sanktionen nur Symptome bekämpft würden. Statt Schüler aus der Schulgemeinschaft auszugrenzen, müsse das Freizeit- und Jugendangebot ausgebaut und Diskussionsmöglichkeiten geschaffen werden. Wer unbequeme Schüler nur ausschließe, verliere die Chance, Einfluss auf die Entwicklung der jungen Menschen zu nehmen“, betonte der Schülervertreter. ARMIN BEBER
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen