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Italien stehen zwei weitere Gipfel ins Haus

Das Nato-Treffen stellt die Regierung Berlusconi nicht zur Disposition. Den Welternährungsgipfel würde man gern nach Afrika verlegen

ROM taz ■ Nein, sie habe keine Lust, ihre Stadt „erst in eine Militärfestung verwandelt und dann von den Anarchos verwüstet zu sehen“. Rosa Russo Jervolino, Bürgermeisterin von Neapel, teilte schon vor ihrer gestrigen Begegnung mit Italiens Innenminister Claudio Scajola per Zeitungsinterview mit, wie schwach ihre Neigung ist, das für den 26. und 27. September geplante Treffen der Nato-Verteidigungsminister in ihrer Stadt auszurichten.

Die Politikerin hat gute Gründe, die Nato-Tagung zu fürchten. Zahlreiche Demonstranten in allen größeren italienischen Städten gedachten gestern Carlo Giulianis, der vor exakt einem Monat in Genua erschossen worden war. Und die Globalisierungsgegner rüsten schon für Neapel. Francesco Caruso, Sprecher des No-Global-Netzwerks von Neapel, kündigte an, er könne „nicht garantieren, dass die Straßenproteste unter Respektierung der öffentlichen Ordnung ablaufen“. Die einzige Lösung bestehe im „Verzicht auf den Nato-Gipfel, egal ob in Neapel oder anderswo“.

In welchem Geist zahlreiche Polizisten in die drohende Schlacht von Neapel ziehen werden, macht derweil eine Stellungnahme der italienischen Polizeigewerkschaft SAP deutlich. Es sei paradox, dass in der Regierung, die ja den Gipfel einberufen habe, darüber nachgedacht werde, „sich den Protestierern zu ergeben“ und die Tagung abzusagen. Die Polizei sei durchaus im Stande, die Sicherheit zu gewährleisten – allerdings nur „unter präzisen Bedingungen“. Sofort müsse Schluss sein mit der „Hass- und Diskriminierungskampagne, die bestimmte politische Kräfte vorantreiben“. Die Polizei kenne ihren Auftrag: „Der Feuerlöscher-Schmeißer von Genua, die Agnoletto und Casarini [gemeint sind der in Genua getötete Carlo Giuliani sowie zwei Sprecher der Anti-Globalisierer; d. Red.] sind keine friedlichen Lämmchen, sondern Anstifter von Unruhen und professionelle Unterstützer des Lynchmordes.“

UNO-Gipfel ohne Gegner

Schon kurz nach der Nato-Tagung steht Italien ein weiterer Gipfel ins Haus: Anfang November will die Welternährungsgesellschaft der UNO (FAO) in Rom die Staats- und Regierungschefs ihrer Mitgliedsstaaten versammeln. Obwohl die Legitimität des Treffens von Italiens Anti-Globalisierern gar nicht in Abrede gestellt wird und Roms Bürgermeister, der Linksdemokrat Walter Veltroni, den Gipfel unbedingt ausrichten will, lanciert die Regierung jeden Tag neue Vorschläge nach dem Motto: „In Kenia, dem Senegal oder Ghana ließe sich doch viel besser über den Hunger in der Welt diskutieren.“

Offiziell wird die Berlusconi-Regierung auf ihrer ersten Kabinettssitzung nach der Sommerpause am 30. August entscheiden, was aus den protestträchtigen Gipfeltreffen werden soll. Doch die sich bisher abzeichnende Linie scheint kaum von dem Anliegen diktiert, erneute Krawalle zu vermeiden. Denn eine Verlegung, am besten „nach Afrika“, propagiert Silvio Berlusconi nur für den FAO-Gipfel.

Für die Nato-Tagung dagegen ist bisher bestenfalls die Verlagerung in Neapels Vorort Pozzuoli oder auf die Insel Capri im Gespräch. Berlusconi ist es wohl weniger um eine Demonstration der Schwäche als der Stärke zu tun – und mit den Gipfel-Verschiebespielereien behält er sich vor, das Kampffeld auszusuchen. Mit der Durchführung der Nato-Tagung jedenfalls wären alle Voraussetzungen für eine weitere Eskalation zwischen Protestbewegung und Polizei gegeben.

Das haben wohl auch Neapels Bürgermeisterin Rosa Russo Jervolino und der Präsident der Region Kampanien, Antonio Bassolino, begriffen. Der Linksdemokrat Bassolino setzte sich am Wochenende von der Linie des Ölbaum-Oppositionsbündnisses ab, das Berlusconi bisher Wankelmut und mangelndes Stehvermögen vorwirft. Bassolino dagegen schlägt vor, im breiten Konsens zwischen Regierung und Opposition die Verlegung beider Gipfel zu beschließen und baut Berlusconi goldene Brücken: Der Verzicht sei keineswegs „ein Zeichen der Schwäche, sondern ein Beweis der Ernsthaftigkeit Italiens.“

MICHAEL BRAUN

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