: Grüner Attac-Beitritt
Münsteraner Kreisverband der Grünen setzt Signal für Bundespartei, indem es Mitglied bei Attac wird
MÜNSTER taz ■ Die E-Mail erreichte das Büro des globalisierungskritischen Netzwerks Attac im niedersächsischen Verden am Mittwoch um 23.10 Uhr. Der Schreiber bekundet Sympathie: „Hallo, wir teilen eure Kritik an den neoliberalen Anwandlungen bei den Grünen.“ Und er erklärt den Beitritt seiner 400 Mitglieder starken Organisation. Der Absender: Wilhelm Achelpöhler, Kreisvorstandssprecher der Münsteraner Grünen.
Der Eintritt ist gut abgepasst. Am Samstag beginnt in Bremen der Reigen der sieben Regionalkonferenzen, auf denen der grüne Bundesvorstand mit seiner Basis über das neue Grundsatzprogramm „Grün 2020“ diskutieren will. Dort wolle sich die Partei auch der „Herausforderung der Globalisierung“ stellen, hat Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer versprochen. Bisher fehlen allerdings globalisierungskritische Positionen im Programmentwurf. Den Attac-Beitritt des westfälischen Kreisverbandes will Bütikofer nicht kommentieren.
Wie sollen die Grünen sich als Regierungspartei gegenüber den Globalisierungskritikern verhalten? Während Parteichef Fritz Kuhn darauf verweist, dass sich doch viele Attac-Forderungen bereits im Programm wiederfänden, kritisieren Grünen-Politiker wie Daniel Cohn-Bendit, Ralf Fücks und Christian Ströbele die bisherige „Verständnislosigkeit“ ihrer Partei gegenüber der neuen Bewegung und plädieren für einen offeneren Umgang. Den Attac-Aktivisten indes reichen freundlichere Umgangsformen nicht. „Die Grünen sollen sich ernsthaft hinter unsere Forderungen stellen und Taten folgen lassen“, forderte Attac-Sprecher Felix Kolb gegenüber der taz. Für Sven Giegold, Mitglied des bundesweiten Koordinierungskreises, müssen sich die Grünen „gründlich ändern“ und endlich wieder „das Ziel der sozialen Gerechtigkeit durch Umverteilung“ verfolgen. Beim grünen Attac-Neumitglied aus Münster stößt er damit auf offene Ohren. Eine Kurskorrektur sei nötig, neoliberale Positionen hätten nichts im grünen Programm zu suchen, verlangt Sprecher Achelpöhler. Auf dem kommenden Bundesparteitag will der Kreisverband durchsetzen, dass die Forderung nach einer Tobin-Steuer ins Grundsatzprogramm aufgenommen wird. Dafür wollen die Münsteraner auf der Regionalkonferenz am 8. September in Oberhausen werben – und für ihre Attac-Mitgliedschaft. „Ich kann mir vorstellen, dass noch andere Kreisverbände folgen“, so Achelpöhler gegenüber der taz. Einen Verbündeten hat er schon: Als erster grüner Kreisverband traten die Potsdamer bereits im Dezember vergangenen Jahres Attac bei. PASCAL BEUCKER
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