: „Die einzige linke Option“
■ PDS-Star Gregor Gysi kämpft bei der Hamburg-Wahl für den Regenbogen. Im taz-Interview erklärt er eine Koalition mit Rot-Grün für denkbar
taz: Warum unterstützen Sie bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg den Regenbogen, Herr Gysi?
Gregor Gysi: Weil er eine linke, soziale und ökologische Alternative zu SPD und den Grünen ist. Und Regenbogen ist die einzige politische Kraft neben der PDS, die gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Nato gegen Jugoslawien protestiert hat. Zudem kandidieren viele Hamburger PDS-Mitglieder mit Unterstützung des Bundesvorstandes auf der Regenbogen-Liste.
Mit der offiziellen Hamburger PDS haben Sie nicht viel am Hut?
Mit diesen rückwärtsgewandten Dogmatikern bin ich schon längere Zeit kulturell, ideologisch und politisch im Zoff, ebenso die Bundespartei. Es wäre natürlich optimal, mit einem originären und funktionierenden PDS-Landesverband zur Wahl anzutreten. Den gibt es in Hamburg leider noch nicht.
Kennen Sie persönlich den Regenbogen und deren Abgeordnete in der Bürgerschaft, auch die Spitzenkandidatin Heike Sudmann?
Nein, nicht persönlich. Aber der PDS-Vorstand und auch ich haben die politische Arbeit des Regenbogen intensiv verfolgt, und natürlich kenne ich das Programm. Ich sage nicht, dass alles identisch ist mit unserer Politik, aber da liegt sehr viel nah beieinander. Regenbogen ist für mich die einzige linke Option in Hamburg.
Nach eigener Definition will Regenbogen eine linke Opposition sein, Sie hingegen, Herr Gysi, würden gar zu gerne linker Regie-rungschef in Berlin werden. Wie passt das zusammen?
Die PDS hat auch als Opposition angefangen; dass wir jetzt in Berlin regieren wollen, ist Ergebnis einer Entwicklung. Und in Berlin muss ein Neuanfang her, der gar nicht ohne oder gegen die PDS zu machen ist.
In der jetzigen Hamburger Situation halte ich es aber für richtig, wenn Regenbogen zunächst als oppositionelle Linke sein Profil, seinen Stellenwert, seine Akzeptanz weiter sucht und findet.
Und wenn er zusammen mit Grünen und SPD bei der Wahl eine Mehrheit erreichen sollte? Sollte er dennoch auf der Oppositionsrolle beharren und damit dem Rechtsblock und dem gnadenlosen Richter Schill das Regieren überlassen?
Das wäre eine komplizierte Situation, in der wir neu nachdenken müssten ...
Sie sagten: „Wir“?
Ja. Ich denke, dass Regenbogen auf Ratschläge von mir und vom Vorstand der Bundespartei aufgeschlossen reagieren wird. Aber lassen sie uns doch erst mal schauen, was bei der Wahl tatsächlich rauskommt.
Den Grünen fällt es so aber leicht, zu behaupten, eine Stimme für Regenbogen würde die GAL schwächen und letztlich Schill stärken.
Das ist eine Argumentation der konzeptionellen Schwäche. Die Grünen gehen sehr devot davon aus, dass sie nicht gut sind. Deshalb drohen sie mit dem ganz Bösen und bieten sich als kleineres Übel an. Nach dieser Logik dürfte nie eine linke politische Kraft bei Wahlen antreten. Aber nicht Regenbogen macht Schill möglich, das haben SPD und Grüne allein geschafft. Wenn Rot-Grün in Hamburg verliert, liegt das an deren eigenen Fehlern.
Im Klartext: Ein rot-grün-bunter Senat ist keine Illusion?
Es steht für mich außer Frage, dass Regenbogen in der nächsten Bürgerschaft alles tun wird, um einen Schill-Senat zu verhindern.
Ist die Hamburg-Wahl nicht nur ein Probelauf für die PDS, um im Westen besser Fuß zu fassen?
Es ist sicher richtig: Die Chancen für die PDS, in einen Landtag in einem der alten Bundesländer einzuziehen, sind in Stadtstaaten wie Hamburg oder auch Bremen am höchsten. Aber dazu brauchen wir einen funktionierenden Hamburger Landesverband.
Und wenn es nicht klappt in Hamburg, hat nicht die PDS verloren, sondern Regenbogen. Kein großes Risiko also für Sie auch im Hinblick auf die Berliner Wahl.
Stimmt, weil Regenbogen nicht verlieren wird.
Interview: Sven-Michael Veit
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