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„Steffel irrt sich!“

Der Meinungsforscher Manfred Güllner rät dem CDU-Spitzenkandidaten und seiner Partei, über Fehler nachzudenken statt sie stets zu wiederholen

Interview: RALPH BOLLMANN

taz: Herr Güllner, zum Wahlkampfauftakt der Union am Wochenende hat CDU-Spitzenkandidat Frank Steffel Medien als linke Kampagnenmacher und Ihr Umfrageinstitut Forsa attackiert, die ihm mit schlechten Prognosen schaden wollten. Rechnet Forsa Steffel schlecht?

Manfred Güllner: Wir referieren nur, was die Menschen sagen. Zahlen erfinden wir nicht, sondern berichten diese. Wenn Herr Steffel meint, seine schlechten Umfragewerte seien Teil einer Medienkampagne, dann irrt er. Es gibt keine Kampagne gegen ihn, er hat nur schlechte Zahlen.

Frank Steffel tritt von einem Fettnapf in den nächsten. Unlängst blamierte er sich im TV-Talk mit Michel Friedman. Kann er aus dem Stimmungstief überhaupt noch herauskommen?

Wenn sich die Menschen erst einmal ein Urteil gebildet haben – dann muss man sehr viel tun, damit sie es revidieren.

Was könnte die CDU noch tun?

Sie müsste erst einmal darüber nachdenken, was sie falsch gemacht hat – statt immer wieder die gleichen Fehler zu machen. Es war doch abzusehen, dass es bei Friedman eine Katastrophe gibt. Wer hat denn Herrn Steffel geraten, dort hinzugehen?

Seine Berater sagen: Es geht darum, ihn um jeden Preis bekannt zu machen.

Wahrscheinlich ist das nur eine Notlüge. In jedem Fall ist es Unfug: Je bekannter Herr Steffel wurde, desto bekannter wurden auch die Dinge, die man ihm ankreidet.

Hat Steffel zu viele Berater?

Man kann gar nicht genug Beratung haben. Aber man muss selbst in der Lage sein, aus den vielen Ratschlägen die vernünftigen Konsequenzen herauszufiltern. Das kann Steffel offenbar nicht.

Manche in der CDU würden den Kandidaten am liebsten austauschen. Wäre das jetzt noch möglich?

Es kann einen Punkt geben, wo ein solcher Schritt von den Wählern als Wohltat empfunden würde. Aber wen will die CDU stattdessen nehmen?

Wie wäre es mit Wolfgang Schäuble?

Glauben Sie im Ernst, Schäuble würde das machen – nach der Demütigung vom Juni und bei einer schlechter gewordenen Ausgangslage? Wie würde das von den Menschen wahrgenommen, nachdem sich die CDU zunächst gegen Wolfgang Schäuble entschieden hatte? Und außer Schäuble sehe ich bei der CDU niemanden.

Ist es in der Bundesrepublik schon einmal vorgekommen, dass ein Kandidat so kurzfristig ausgetauscht wurde?

Es gibt Fälle, wo es besser gewesen wäre. Hätte die SPD bei der letzten Berlin-Wahl vor zwei Jahren ihren Kandidaten Walter Momper kurzfristig aus dem Rennen genommen, dann hätte ihr das mit Sicherheit genutzt.

Immerhin hat die SPD Mompers Gesicht damals aus dem Wahlkampf verbannt – und Plakate mit Durchhalteparolen geklebt. Würden Sie das der CDU jetzt auch raten?

Wenn Steffel sich nicht mehr fangen kann, wäre das überlegenswert. Aber was bleibt von der CDU noch übrig, wenn sie Steffel zudeckt? Durch die Berliner Finanzaffäre ist auch ihr Bild als Partei desolat.

Müsste die CDU nicht wenigstens versuchen, die Treuesten ihrer Stammwähler zu mobilisieren?

Das wird sie mit einer Anti-PDS-Kampagne schon schaffen. Aber damit gewinnt sie keine Wahlen.

Die CDU-Strategen hatten geglaubt, ein völlig unbekannter Kandidat sei ideal für einen amerikanisierten Wahlkampf. Sein Bild würde sich beliebig formen lassen, ganz nach den demoskopischen Anforderungen. Ist dieses Konzept gescheitert?

Wenn das so einfach wäre, dass man nur auf die Umfragen schaut und bei einer Agentur ein Konzept in Auftrag gibt – dann könnte ja jede Partei jede Wahl gewinnen.

Braucht man für einen Wahlkampf also doch Substanz – auch in der Mediendemokratie?

Die CDU unterschätzt den Wähler, wenn sie Politik wie ein Konsumgut verkaufen will. Die Menschen lassen sich nicht übertölpeln. Sie sind souverän, sie sind schlau, und sie schauen genau hin. Im Fernsehen können sich die Menschen unmittelbar ein Bild machen. Sie beobachten jemanden am Bildschirm und sagen: Der kann es, oder der kann es nicht. Bei Steffel scheint Letzteres der Fall zu sein.

Manfred Güllner (59) leitet das Berliner Forsa-Institut seit der Gründung 1984. Zuvor hatte der studierte Soziologe beim Infas-Institut und bei der Stadt Köln gearbeitet.

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