: Zurück zu den Volksparteien
Rechte Parteien werden bei den Wahlen nicht von der Angst vor Terror und Krieg profitieren, sagen Wahlforscher. Ein rechtes Wählerpotenzial ist aber vorhanden
Ein rechtsradikales Wählerpotenzial ist in Berlin zwar vorhanden, wird bei den Abgeordnetenhaus- und Bezirkswahlen im Oktober aber keine Rolle spielen, lautet die Prognose von Forsa-Chef Manfred Güllner. Gestern wurden die Landeslisten der Republikaner und NPD vom Landeswahlleiter zugelassen. Die DVU tritt nicht an.
Bei den letzten Abgeordnetenhauswahlen kamen die Republikaner auf 2,7 Prozent und die NPD auf 0,8 Prozent der Stimmen. In den damaligen Bezirken Marzahn, Hellersdorf und Lichtenberg stimmten allerdings bis zu 2,6 Prozent der Wähler für die NPD. Aufschlussreich für Analysen eines rechten Wählerpotenzials sind insbesondere die Ergebnisse der letzten Bezirksverordnetenwahlen. Hier profitierten vor allem die Reps von der niedrigen Dreiprozenthürde. Sie sind seit der Bezirksreform mit je zwei Abgeordneten in der BVV von Mitte, Neukölln und Reinickendorf und mit je einem Abgeordneten in Pankow und Hohenschönhausen vertreten.
„Wenn Furcht und Angst vorherrschen, bleiben die Protestwähler lieber bei den großen Volksparteien“, erklärt Forsa-Chef Güllner den Umstand, dass in den Stimmungsbildern rechte Parteien durch die Umfrageraster fallen. Die Anschläge in den USA hätten zu einem „Solidarisierungseffekt der Wähler mit den staatstragenden Parteien“ geführt. Die Bürgerschaftswahlen in Hamburg gelten als erster Test für die Thesen der Meinungsforscher. Dort hat der Rechtspopulist „Richter Gnadenlos“ Schill in den letzten Umfragen an Wählergunst verloren.
Die schlechten Aussichten scheinen zumindest keine Auswirkungen auf den Wahlkampf der NPD zu haben, die mit dem Parteivorsitzenden Udo Voigt als Spitzenkandidat wirbt. In den vergangenen Wochen tauchten die Rechtsextremisten unter anderem mit Wahlständen bei Straßenfesten in Pankow und Weißensee und vor dem Stadion von FC Union Berlin auf. Auch das „Spandauer Bündnis gegen Rechts“ und Antifagruppen in Treptow berichteten von NPD-Flugblattverteilaktionen. Als „Höhepunkt“ ihres „Sturms auf Berlin“ ruft die NPD und militante Neonazikameradschaften am 3. Oktober zu einem Aufmarsch unter dem revanchistischen Motto „Deutschland ist größer als die BRD“ auf.
Bei den „Republikanern“, die auch in fast allen Bezirken wieder zur BVV-Wahl antreten, ist von Wahlkampf bislang nichts zu merken. Auf der Homepage des Landesverbandes findet sich bislang keine Ankündigung für entsprechende Veranstaltungen. Stattdessen wird mit völkischen Parolen Stimmung gemacht und ein „Ende der Masseneinbürgerungen“ gefordert. Mit dem Slogan „die Hauptstadt muss deutsch bleiben“ assoziieren die Reps „Einwanderergettos“, die durch „metastasenhaftes Wuchern“ Berlins Wirtschaftskraft schwächten.
Für Beobachter unterscheiden sich derartige Verlautbarungen nur noch unwesentlich von der rechtsextremen NPD. Deren „Zuwanderungsprogramm“ sieht unter anderem die „sofortige Ausgliederung“ von Ausländern „aus dem deutschen Sozial- und Rentenversicherungsystem“ vor.
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