Brücken bauen

Just do it for the kids: Zwei Tage lang übten sich Kinder unter dem Banner von Nike im sportlichen Wettbewerb

Viel Skepsis bezüglich der Mischung aus Streetwork und Konsumindoktrinierung

Der Sportartikelhersteller Nike (bitte „Neiki“ aussprechen) hatte es den Berliner Kindern versprochen. Ende August zeigten riesige Plakate eine von der MTV-Kultsendung „celebrity death match“ inspirierte Knetfigur, die Fußball spielte in einer Umgebung, die sich als eine Mischung aus Fundament und Science-Fiction-artigen Röhrennetz darstellte.

Beworben wurde damit ein so genannter „subground battle“ unter dem Reichstag: Zwei Tage lang sollten die Kinder im frisch betonierten Bahnhof der U 5 in den Disziplinen Basketball, Fußball und Skateboard für ihren Bezirk kämpfen. Nach dem 11. September wurde es für den Nike-Marketingsdirektor Pier Paolo Righi zu der bisher „schwierigsten Entscheidung seines beruflichen Lebens“, die Veranstaltung doch stattfinden zu lassen. Das Wort „battle“ wurde aber gegen das Wort „sports“ ausgetauscht.

So kamen 2.000 Berliner Kids aus acht Nationen und zwölf Bezirken. Freitag die Älteren und Samstag die Jüngsten. Und die Kinder hatten ihren Spaß. „Ja, war super“ sagte ein junger Skateboarder. Es tönte richtig lauter HipHop und überall roch es nach pubertärem Schweiß. Wenig Mädchen waren dabei, dafür gelang einem der „million dollar shot“, also den Basketball von janz weit weg präzise ins Netz zu werfen.

Dagegegen war eine Gruppe von Fußballern aus Treptow enttäuscht. „Is einfach nicht so viel los“ sagte einer, „es war doch kein richtiges Turnier.“ Als „staubig“ bezeichnete schließlich ein Skateboarder die Location und brachte es damit auf den Punkt: Sport zwischen Bunker und Baustelle, eine Karikatur des zukünftigen städtischen Freizeitraums.

Umso wichtiger daher die menschlichen Beziehungen und der Einsatz für die Kids auf den „subground sport fields“. So genannte Guides standen für sie in hellgrauen Nike-Outfits zur Verfügung. Kaum älter als die Kids, konnte man so problemlos miteinander kommunizieren.

Die MTV-Generation hat ja sowieso ihre eigene Sprache, auch wenn diese mitunter von der Marketingrhetorik der Konzerne bestimmt wird: „Just do it“ halt. So hießen die Punktspiele unter anderem „garage volley“, „dunk kong“, „subground air“. Beim „speed shot“ wurde die Geschwindigkeit des Balls beim Schießen gemessen. Nach einigen Sekunden zeigte dann eine Computeranimation, wie ein Ball entlang Star-Wars-ähnlichen Röhren flog, um am Ende tatsächlich den Boden vor dem Reichstag zu durchbrechen. Natürlich ist Skepsis angesagt bezüglich dieser Mischung aus Streetwork und sanfter Konsumindoktrinierung. Die Drogen mögen ja bloß Coca-Cola, Fanta, Sprite heißen und die üblichen Schokoriegel sein. Doch früh übt es sich in Sachen Zielgruppe und zukünftigem Konsumentencasting. Ein Nike-Mitarbeiter bat um „fairness“: Allzu leicht sei es doch, einen großen, dazu noch amerikanischen Konzern anzugreifen. Es kann also weiter friedlich in der Niketown Berlin gelebt werden. Sport ist nicht Mord, sondern fest verankert im olympischen Geist. Er baut Brücken und lässt sich sogar in Tunneln betreiben.

Welches Team schließlich Champion wurde? Nicht so wichtig. Sagte nicht schon der Graf Pierre de Coubertin: „L’important n’est pas de gagner, mais de participer.“ Am Ende gab es schließlich für alle ein exklusives T-Shirt von Nike. YVES ROSSET