: „Bush macht mächtig Druck“
Der Geldwäscheexperte Jermyn Brooks rechnet mit Bewegung im weltweiten Kampf gegen die Finanzströme von Kriminellen
Interview ANDREAS LAUTZ
taz: Herr Brooks, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus haben Bundeskanzler Schröder, der Finanzminister und der Bundesbankpräsident gefordert, das Bankgeheimnis zu lockern. Schützt unser Bankgeheimnis terroristische Vereinigungen?
Jermyn Brooks: Ein Bankgeheimnis im strengen Sinne gibt es in Deutschland gar nicht. Schon heute muss sich eine Bank an die Aufsichts- und Justizbehörden wenden, wenn sie den Verdacht hat, dass eine Geldeinlage einen kriminellen Hintergrund hat. Die Behörden nehmen dann Ermittlungen gegen den oder die Kontoinhaber auf.
Das klingt ja einfach. Warum haben Ermittler dann oft Probleme nachzuweisen, woher ein Vermögen stammt?
Wer schmutziges Geld waschen will, hat unendlich viele Möglichkeiten, den Behörden das Leben schwer zu machen. Zum Beispiel, wenn Verbrecher Strohmänner oder Treuhandgesellschaften vorschieben. Geldwäscher können sich außerdem über einen schönen Zuständigkeitswirrwar bei den Behörden freuen. Darunter leidet Deutschland nicht nur auf Bundesebene. Auch auf Länderebene und erst recht mit dem Ausland wird viel zu wenig kooperiert.
Um den Wirrwar zu entflechten, will Finanzminister Eichel eine zentrale Anlaufstelle für Informationen zur Geldwäsche einrichten. Wird dann alles gut?
Da muss man erst mal genau hinschauen, wie stark diese Stelle denn wird. Eichels Plan wird nur aufgehen, wenn alle, die augenblicklich irgendwelche Zuständigkeiten haben, eng miteinander kooperieren und eventuell auf Kompetenzen verzichten. Das wird nicht einfach.
Was bedeutet das alles für normale Bankkunden? Muss ich künftig damit rechnen, dass meine Recht auf Vertraulichkeit eingeschränkt wird?
Das ist durchaus möglich. Die Gewalttaten vom 11. September haben die Verhältnisse stark verändert. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse ist der Einzelne jetzt sicher aber auch bereit, gewisse Einschränkungen seiner individuellen Rechte hinzunehmen.
Wenn es schon im deutschen Rahmen so schwierig ist, Ussama Bin Laden von seinen Geldquellen abzuschneiden: Welche Aussichten hat Präsident Bush mit seiner Kampagne, Banken in aller Welt abzustrafen, wenn sie Terroristen Geldwäsche ermöglichen?
Die Schwierigkeit besteht darin, dass weder Afghanistan noch die Nachbarländer wirkungsvolle Gesetze gegen Geldwäsche haben – ganz unabhängig davon, dass dort auch der politische Wille fehlt. Aber auch anderswo wird nicht so genau nachgefragt.
Wo?
Sehr wahrscheinlich hat Bin Laden sein Vermögen nicht nur im arabischen Raum deponiert. Sondern auch in den Bankenzentren im Westen, in London, Frankfurt oder New York. Daneben stehen ihm auch die so genannten Offshore-Zentren mit ihren absichtlich laxen Regelungen zur Verfügung, etwa in der Karibik.
Welche Möglichkeiten haben die USA überhaupt, Banken und Finanzplätze zu bestrafen, die nicht kooperieren?
Schon die OECD drohte, allen Kooperationsunwilligen die Geschäftsbeziehungen zu den anderen Bankenzentren zu kappen. Bush legt noch einen drauf, indem er damit droht, die gesamten Vermögenswerte der jeweiligen Bank einzufrieren. Dadurch erzeugt er schon mächtig Druck.
Kollidiert dieser Druck nicht mit dem ureigenen Interesse der Finanzwelt, für die Kunden die Vertraulichkeit zu wahren?
Vor allem die bereits erwähnten Offshore-Zentren haben natürlich Angst. Es ist ja gerade ihre Geschäfts- und Existenzgrundlage, dass sie keine strengen Regeln haben. Einige von ihnen, etwa Antigua, haben allerdings schon signalisiert, kooperieren zu wollen.
Bei uns in der EU wird schon lange darüber geredet, gegen Geldwäsche vorzugehen. Warum ging es da bislang nicht vorwärts?
Da gibt es einen ganz grundsätzlichen Dissens zwischen den Briten und den Kontinentaleuropäern. Die Briten bevorzugen, wie die Amerikaner, das angelsächsiche System, in dem die Banken den Steuerbehörden alle Einkünfte der Kunden und gegebenenfalls auch Spekulationsgeschäfte offenlegen. Die Banken auf dem Kontinent geben solche Informationen im Regelfall nicht weiter, sondern nur, wenn ein Verdacht auf einen kriminellen Hintergrund vorliegt. Hier stehen sich zwei gewachsene Traditionen gegenüber. Eine Sonderrolle spielt zudem Luxemburg.
Fachleute haben schon vor einiger Zeit die „Financial Action Task Force“ in Paris gegründet. Sie hat einen 40-Punkte-Plan gegen die Geldwäsche vorgelegt. Warum wurde er nicht umgesetzt?
Diese Gruppe kann nur Empfehlungen vorlegen, und einige Länder hatten bisher einfach andere Prioritäten. Zum Teil befürchteten sie Nachteile für ihr Bankensystem. Dafür hat aber eine andere Initiative Erfolg, bei der Transparency International mitwirkt: In der Wolfsberg-Initiative haben sich zehn der größten Privatbanken aus aller Welt zusammengeschlossen. Darunter ist auch die Deutsche Bank. Sie fragen genau nach, wer denn ein Konto eröffnet und woher das Geld stammt. Krasse Fälle der Geldwäsche sind eben schlecht fürs Image, wenn sie bekannt werden.
Früher hatte die Schweiz das Image, die besten Bedingungen für die Wäsche von Blutgeld zu bieten. Jetzt behauptet das Land, große Schritte nach vorn gemacht zu haben. Stimmt das?
Die Schweizer Banken kooperieren mittlerweile tatsächlich besser als früher mit den eigenen und den ausländischen Aufsichtsbehörden. Aber: Für die Leute, die ihr Geld wirklich sicher anlegen wollen, ist dieses Land nach wie vor der sichere Hafen Nummer eins. Auch für Kriminelle, die ihre Identität verschleiern. Da können unangenehme Überraschungen nicht ausbleiben.
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