: „Es gibt ein Kommunikationsproblem“
Wie der CDU-Abgeordnete Matthias Brauner eine Moschee in Siemensstadt besucht und die Mühen eines Dialogs der Kulturen kennen lernt
Bezirkspolitik ist ein mühsames Geschäft, anstrengend der Dialog der Kulturen. Deutsch ist eine schwere Sprache, Türkisch erst recht. Und es gibt auch noch Rückkopplungen, wenn zwei Mikros zu nahe aneinander geraten.
Das sind so die Herausforderungen, die einen CDU-Politiker des Abgeordnetenhauses erwarten, der sich an einem Sonntag in die Kocatepe Moschee an der Nonnendammallee in Siemensstadt begibt. Es soll ein „politischer Nachmittag“ sein, und gekommen ist Matthias Brauner, ein smarter CDU-Abgeordneter von 27 Jahren, der betont, er wolle „keine Art von Wahlwerbung machen“, es gehe ihm um den Dialog mit Muslimen.
Einen Tisch haben die Verantwortlichen der Moschee in die Mitte des kleinen Gotteshauses, einem ehemaligen Laden, gestellt. An ihm sitzen neben zwei Honoratioren der Gemeinde der Geschäftsführer der türkischen Muslimen-Organisation DITIB, die die Moschee betreibt. Und da ist da noch Mehmet Ayik, 36 Jahre alt, Vater zwei Kinder, seit 18 Jahren Beschäftigter von BMW, CDU-Bezirksverordneter und „Wahlkampfmanager“ Brauners.
Der Jungpolitiker, den der Imam freundlich mit zwei Wangenküssen begrüßt hat, erklärt den gut 20 Zuhörern, dass er ja schon im Frühjahr hier war, man könne Fragen an ihn stellen. „Es gibt ein Kommunikationsproblem“, sagt Ayik. Er meint das politisch, aber hier fängt es schon mit der Sprache an: Wenn Brauner Deutsch redet, verstehen viele der alten Männer, die auf dem Boden kauern, offensichtlich fast nichts. Aber höflich lassen sie sich nichts anmerken. Wenn man Türkisch redet, muss Brauner übersetzt werden. Mühsam.
Ein Zuhörer, den Ayik mit „Professor“ anredet, wird die Sache zu bunt. In gepflegtem Deutsch protestiert er sanft dagegen, dass Brauner überhaupt da ist. Denn wie in der Türkei sollte man doch Religion und Staat auseinander halten. Die Politiker hätten die Religion politisiert – beide Sphären müsse man aber trennen. Außerdem wüssten die Deutschen viel zu wenig über den Islam, der doch eine friedliche Weltanschauung sei.
Brauner sagt, er hätte sich auch lieber in einem neutralen Rahmen getroffen, aber sehe diesen Ort jetzt eben nur als Raum, nicht als Gotteshaus. Und ja, die Deutschen wüssten zu wenig über den Islam. Aber der Mehrheit sei schon bewusst, dass Extremisten unter den Muslimen eben nur eine winzige Minderheiten seien. Außerdem gebe es die ja auch bei den christlichen Religionen – siehe Nordirland.
Dann geht es um Konkretes wie die Ladenmieten vor Ort, Hilfen für türkische Jugendvereine, eine geplante Mehrzweckhalle um die Ecke und mögliche Räume für eine größere Moschee. Brauner darf sich noch ins Gästebuch der Moschee eintragen, wird mit Büchern über den Islam beschenkt und bedankt sich artig für die Aufmerksamkeit. Ayik verteilt dann doch CDU-Kulis und betont noch einmal, wie wichtig der „Brückenaufbau“ zwischen den Kulturen in der Stadt sei. Die Politik habe das Jahre lang versäumt. Könnte es vielleicht daran liegen, dass das alles so mühsam ist? GES
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