: Hamburg sichert innere Sicherheit
Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, FDP und Schill-Partei fast abgeschlossen. Erstes Ergebnis: mehr Geld für Polizei und Lehrer. Schill will anderen Bundesländern Polizisten abwerben. Ole von Beust rechnet mit mindestens vier Regierungsjahren
von SUSANNE AMANN
In Bayern sind „die Verhältnisse in Ordnung“. Das meint jedenfalls der designierte Innensenator von Hamburg, Roland Schill. In Hamburg entsprechen sie bislang nicht ganz seinen Vorstellungen, denn Schill will den Bayern ihre Polizisten abwerben. „Hamburg ist eine attraktive Stadt und die Bandbreite polizeilicher Arbeit hier größer“, behauptet der als „Richter Gnadenlos“ bekannt gewordene politische Senkrechtstarter. Bei den Hamburg-Wahlen am 23. September hatte seine Partei Rechtsstaatliche Initiative aus dem Stand über 19 Prozent der Wählerstimmen geholt.
Die Abwerbeaktion ist Teil der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, Schill-Partei und FDP, deren „wesentliche inhaltliche Dinge“ abgeschlossen seien, wie der designierte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) am Wochenende sagte. In nur knapp einer Woche einigte sich die zukünftige Regierungskoalition auf die Eckpunkte ihres Programms. Und wie im Wahlkampf spielte das Thema innere Sicherheit die tragende Rolle: So soll mit 250 neuen Stellen die Zahl der bewaffneten, uniformierten „Angestellten im Polizeidienst“ verdoppelt werden. Dafür und für die Anwerbung von Polizisten aus anderen Bundesländern sollen bis zu 50 Millionen Mark bereitgestellt werden.
Mit seinem Regierungsantritt will das Mitte-Rechts-Bündnis im gesamten Bereich Inneres und Justiz eine neue Ära einläuten: Videoüberwachung auf Straßen, Verschärfung des Maßregelvollzugs, personeller Ausbau beim Verfassungs- und Staatsschutz und die Regelanfrage beim Verfassungsschutz vor der Einbürgerung gehören zu dem Paket, das die neue Koalition schnürt.
Der Plan, Polizeibeamte aus anderen Bundesländern abzuwerben, stößt dort nicht auf viel Gegenliebe: „Die Abwerbung aus anderen Ländern führt in eine Sackgasse, da alle Länder im Moment Polizeibeamte suchen“, kritisierte Konrad Freiberger, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Auch Niedersachsens Innenminister, Heiner Bartling (SPD), warnte: „Das würde die bewährte Zusammenarbeit der Länder kaputtmachen.“ Bartling kündigte auch an, dass Niedersachsen dann keine Bereitschaftspolizei mehr für Großeinsätze in Hamburg zur Verfügung stellen könnte.
Die künftigen Regierungsparteien zeigten sich nach ihren Verhandlungen am Wochenende zufrieden. Zum Abschluss sagte von Beust, dass die Erfolgsaussichten für die Koalition fundiert worden seien. „Allen Unkenrufen zum Trotz wird das Bündnis mindestens vier Jahre dauern.“ FDP-Spitzenkandidat Rudolf Lange und Schill stimmten zu.
Auch in den Bereichen Schule und Drogenpolitik hat sich die zukünftige Koalition geeinigt. Demnach sollen die Hamburger Schulen sofort 100 neue Lehrer bekommen, um den Unterrichtsausfall zu bekämpfen. Außerdem soll das Abitur schon nach zwölf Jahren abgelegt werden. Die neue Regierung will verhindern, dass Kinder eingeschult werden, die kein Deutsch sprechen. In Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil sollen deshalb Kinder schon ab dem dritten Lebensjahr Sprachtraining im Kindergarten erhalten.
Geplant ist weiterhin, härter gegen Dealer vorzugehen und gleichzeitig Süchtigen mehr Hilfe anzubieten. Im Strafvollzug soll verstärkt therapiert werden. „Szeneferne“ Fixerstuben will die neue Regierung schließen und eine offene Drogenszene „unterbinden“.
Morgen wollen die Parteien noch über den Zuschnitt der Hamburger Behörden und die Besetzung der Senatorenposten entscheiden. Die Koalitionsverhandlungen sollen bis kommenden Freitag abgeschlossen sein.
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