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Jazz ade - Bistro ole?

■ Nach der Schließung des Studios fordert die Szene ein „Bremer Jazzhaus“ – von der Kulturbehörde kommen zögerliche Signale

Auch Ursula Siefken-Schulte war regelmäßig Gast im „Studio auf den Höfen“. Ob nun montags bei der „Hausband“, mittwochs bei „Who 's uncle mo?“ oder donnerstags bei Ed Krögers Jam-Sessions, die Referatsleiterin für Theater und Musik der Bremer Kulturbehörde war oft bei diesen „qualitativ hochwertige privat initiierten Musikveranstaltungen“ - wie sie sie selbst beschreibt - anzutreffen.

Doch damit hat es nun ein Ende (die taz berichtete): Dem ehemaligen gläsernen Sendestudio Radio Bremens, das die letzten Jahre Forum für hier ansässige genauso wie für internationale Musiker und etablierte Jazz-Reihen war und zu einer Art Heimstatt der Bremer Jazz-Szene wurde, droht nach dem Besitzerwechsel möglicherweise auch ein Umbau, um es endgültig gastronomischen Zwecken anzupassen: Studioästhetik und -akustik ade - Bistro ole! Bierkultur ist nun mal rentabler als Subkultur.

Frau Siefken-Schulte war am Mittwoch zwar nicht im Bürgerhaus Weserterrassen, dafür aber ihr Kollege Reinhard Strömer, Leiter der Kulturbehörde – und outete sich ebenfalls als jazzliebender Künstlerversteher. Für die Bremer Jazzszene, die verunsichert und zum Teil verbittert zu einer Art Podiumsdiskussion um die Zukunft gekommen war, hatte er eine Nachricht mit Hoffnungsschimmer-Wert: „Wir werden zur nächsten Deputationssitzung Äam 2. November, die Red.Ü eine Vorlage einreichen, die ein Jazz-Förderprogramm in Höhe von 100.000 Mark beinhaltet ... Bremen braucht Jazz.“

Und der Jazz bräuchte, das habe man nun kapiert, auch Bremen. Bisher sei halt immer alles ganz gut allein gelaufen, aufgrund der engagierten Privatinitiativen. Möglicherweise bleibt es auch bei diesen, denn Behördensprecher Markus Beyer betonte auf Anfrage, dass über öffentliche Förderungen noch keine politischen Entscheidungen gefallen seien: Weder in der politischen Behördenspitze und schon gar nicht in der Kulturdeputation.

Derweil liegt das „Moments“ brach, der geschlossene Rolladen an der Eingangstür mahnt als „Klagemauer“.

Geschäftsführer Holger Mertins, der im Sommer Konkurs anmelden musste, sucht händeringend einen Investor oder auch Mäzen, der bereit ist, das „Risiko Kultur“ auf sich zu nehmen. Mertins jedenfalls möchte den hochkarätigen Musikclub sehr gerne weiter betreiben. Stadtteilbürgermeister Robert Bücking, der Mertins ideell unterstützt, hat einen „Crash-Kurs“ in Sachen „Studio“ genommen – und dabei festgestellt, dass hier die „einzige Spielstätte Bremens zu finden ist, die akustisch derartig hochwertig ist“. Daher habe das „Studio“ einen öffentlichen Wert, argumentiert der Ortsamtleiter, der mittlerweile mit dem „Höfen-Immobilienbesitzer“ Hubrich (Hubrich GmbH) Gespräche ankurbelte. Ergebnis: Hubrich sicherte zu, dem zukünftigen Pächter die Auflage zu geben, das Lokal baulich keinesfalls so zu verändern, dass es die Spielstätten-Qualität mindere.

Heute soll es zudem Gespräche geben, die den Pächter dazu veranlassen könnten, die Musikveranstaltungen weiter laufen zu lassen. Robert Bücking in Richtung der Musiker: „Ihr müsst aber ein akzeptables Konzept liefern.“ Die wiederum fordern Planungssicherheit. Sängerin Romy Camerun formuliert trocken: „Wir waren bisher glücklosen Wirten ausgeliefert.“ Kultur im ohnehin „maroden“ Viertel davon abhängig zu machen, ob der Zapfhahn läuft oder nicht, sei eine Schande.

Damit spricht sie den meisten Künstlern aus der Seele. Ob nun Klaus Fey, Vorsitzender der Musiker Initiative Bremen, Peter Apel oder auch Arne Schumacher von Radio Bremen: Alle fordern vehement eine Art Jazz-Haus, das vom Kultursenat gewollt, unterstützt und gefördert wird. „Wenn ihr dieses Ziel verfolgt, dann müsst ihr quasi eine Revolution auf dem Marktplatz machen“, kommentiert Robert Bücking – der zudem darauf hinweist, dass vor Ende des Jahres mit großer Wahrscheinlichkeit die „Lila Eule“ als reaktivierter Jazz-Club eröffnet wird. „Barfly“ Christian Zurwellen will hier seine „blue moon bar“- Reihe fest etablieren. Sandor Nadelmann

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