: Baubeginn für das Holocaust-Mahnmal
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse verkündet das Ende aller Mahnmalsdebatten – vergeblich. Dennoch soll das Stelenfeld 2004 fertig sein
BERLIN taz ■ Beginnen wir statt mit dem Neuen einmal mit dem Üblichen. Auch am Tag des Baubeginns für das Holocaust-Mahnmal in Berlin sind seine Kritiker noch lange nicht verstummt. Peter Zumthor, Architekt des NS-Dokumentationszentrums „Topographie des Terrors“, nahm sich den Entwurf für das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ gestern in einem Interview vor: „In dem geplanten Stelenfeld von Peter Eisenman steckt für mich schon wieder der Beginn einer neuen Katastrophe drin“, so Zumthor. „Wir brauchen keine düsteren Erlebnisarchitekturen, um uns zu erinnern.“ Das Mahnmal verkörpere „Schrecken und Disziplin“, so Zumthor.
Dass Lea Rosh, Initiatorin des Mahnmals und Mitglied des Fördervereins, nach 12 Jahren der Vorbereitung auch beim Baubeginn noch nicht gelassen auf Kritik reagieren konnte, spiegelte einmal mehr die Anstrengung, die es gekostet hat, das Stelenfeld zu realisieren. Nach zwei Wettbewerben 1994 und 1997 und nach heftigem Streit zwischen der Union im Bundestag und der Berliner CDU auf der einen und den Sozialdemokraten, Grünen und PDS auf der anderen Seite hatte sich 1999 der Deutsche Bundestag für die nationale Gedenkstätte entschieden. Peter Zumthors Aussage, sei – „wie noch bedenklich viele andere“ – unberechtigt, konterte Rosh. „Wir bauen keinen Ort des Grauens, sondern das Gegenteil.“
Nach Ansicht von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD), dem Vorsitzenden der Stiftung Holocaust-Mahnmal, ist dagegen seit gestern die Zeit der „lebhaften Debatten“ endgültig vorbei. Nach der „Phase der Diskussion“ beginne nun die „Phase der Realisierung“, sagte Thierse auf dem Gelände am Brandenburger Tor. Zunächst werde das rund 19.000 Quadratmeter große Areal von Altlasten und den Resten früherer Bebauung befreit. Nach der Frostperiode sollen dann die Erdarbeiten für das Gedenkgebäude sowie die Aufstellung der 2.700 Stelen beginnen. Das rund 50 Millionen Mark teure Denkmal und der unterirdische „Ort der Information“ sollen bis 2004 fertig gestellt werden.
Der Baubeginn, so Thierse, sei ein deutliches Zeichen dafür, dass der Bund und das Land Berlin es jetzt „ernst“ meinen, das Holocaust-Mahnmal fertig zu stellen. Das Datum markiere ein Bekenntnis Deutschlands zu seiner historischen Vergangenheit und zu deren Verantwortung.
Für das Mahnmal, erinnerte Thierse, liegen zwar die Pläne des New Yorker Architekten Peter Eisenman vor, der mit den bis zu vier Meter hohen Betonstelen den Eindruck eines „wogenden Feldes“ vermitteln will. Entschieden sei auch die unterirdische Gestaltung des „Ortes der Information“, in dessen vier Räumen Besucher die Namen der Millionen Toten und die Orte ihrer Ermordung finden werden.
Unklar ist jedoch, wie die inhaltliche und konzeptionelle Ausgestaltung des Dokumentationszentrums genau aussehen soll und mit welchen Mitteln an die Vergangenheit erinnert wird. Die Stiftung veranstaltet deshalb von diesem Donnerstag bis Samstag in Berlin ein internationales Symposion, an dem der Architekt, Historiker, Politiker und Ausstellungsmacher – darunter der Staatsminister für Kultur, Nida-Rümelin, Eberhard Jäckel, Peter Steinbach und James Young – das Thema beraten wollen.
Bedeutung hat die Tagung auch, weil von ihr ein Konzept erwartet wird, das sich auch mit dem der Topographie des Terrors auseinander setzt. Deren Architekt hat sich ja schon deutlich zu Wort gemeldet.
ROLF LAUTENSCHLÄGER
Tagungs-Infos: (0 30) 26 39 43 11
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