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„Persönliche Unversehrtheit geht vor“

Die Gefahr kommt immer von der unerwarteten Seite: Mit Volker Handloik hat der „Stern“ erneut einen Mitarbeiter in einem Krisengebiet verloren. Eigentlich wollte der Reporter über den letzten unabhängigen Radiosender berichten

Eigentlich wollte Volker Handloik über den letzten freien Radiosender in Afghanistan berichten. Doch als der Stern-Reporter am 12. Oktober nach längerer Wartezeit in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe die Grenze endlich überqueren konnte, hatte der längst sein Programm eingestellt.

Vor allem wegen fehlender Transportmöglichkeiten habe Handloik festgesessen, sagt Stern-Auslandschef Peter Meroth. Solch „qualifiziertes Warten“ macht oft den Großteil eines Einsatzes aus, und natürlich habe auch Handloik weiterreisen wollen. „Doch unsere Mitarbeiter wissen, dass sie nicht unter Druck stehen“, sagt Meroth: „Die persönliche Unversehrtheit steht vor allem anderen.“ Gerade der Stern reagiert hier besonders sensibel – 1995 wurde der damalige Moskau-Korrespondent des Magazins von einem tschetschenischen Freischärler erschossen, im Kosovo starben 1999 zwei Stern-Mitarbeiter und ihr Dolmetscher.

Handloik habe sich deshalb lange vor seiner Abreise ein Bild über die Lage in der Region gemacht, auch bei Hilfsorganisationen recherchiert, sagt Meroth. Oberster Grundsatz sei gewesen, kein unnötiges Risiko einzugehen: „Es geht nicht darum, in vorderster Linie den Kopf hinzuhalten.“

Als sich Handloik im September beim Stern meldete, habe man ausdrücklich besprochen, dass es keine Risikoeinsätze geben dürfe. Bei der Suche nach Mitarbeitern für den Afghanistan-Einsatz „haben wir nicht groß geworben und uns viele Absagen geholt“, sagt Meroth, der den 40-jährigen Rostocker nicht nur von der Zusammenarbeit beim Stern, sondern auch bei anderen Magazinen wie Geo kannte.

Nachträgliche Kritik am Verhalten Handloiks und der anderen JournalistInnen, die am Sonntag auf dem Militärkonvoi mitfuhren, seien müßig: Handloik war für einen möglichst aktuellen Einstieg seiner bereits fast fertig gestellten Reportage über den Vormarsch der Nordallianz unterwegs – „nicht in unbekanntes Gebiet und auf Einladung eines Kommandeurs“, wie Meroth betont. Am Samstag vergangener Woche habe man noch darüber per Satellitentelefon gesprochen. Natürlich könne man nun pauschal sagen, „man darf nicht auf einem Panzer mitfahren, schon gar nicht, wenn es dunkel wird“, so Meroth, „doch die Situation kann immer abweichen vom Reglement, manchmal muss man auch abweichen.“ Denn jeder Fall sei anders – nur die Gefahr komme immer von der völlig unerwarteten Seite.

STEFFEN GRIMBERG

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