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Viele haben die Faxen dicke

Unerwünschte Werbung per E-Mail und Fax ist zwar verboten – aber wohl kaum zu verhindern. Mit der Robinson-Liste lassen sich zumindest Werber im Inland stoppen. Notbremse: Fax ausschalten

„Wenn der Anbieter aus dem Ausland kommt, ist erkaum greifbar“

Da werden dümmliche Umfragen gestartet, es wird der „billigste Kredit“ versprochen, „heißeste Erotik“ offeriert oder der „unverwüstliche Kunstbaum“: Werbung per E-Mail und Fax hat auch unsere Wohnzimmer erreicht – sehr zum Ärger der Empfänger, denn nichts von all dem ist zu gebrauchen.

Eine Studie im Auftrag der EU-Kommission ergab, dass beispielsweise den Internet-Nutzern weltweit Kosten in Höhe von rund zehn Milliarden Euro allein daraus entstünden, dass unerwünschte E-Mails heruntergeladen würden. Allein ein Internet-Werber könne „jeden Tag 500 Millionen solcher elektronischen Werbebriefe verschicken“, heißt es in der Zeitschrift Finanztest. Die Adressen stammten von Datenhändlern, die Chatrooms oder Diskussionsforen nach E-Mail-Adressen durchsuchten. Der Bundesgerichtshof hat sich aber bislang nur „mit unerwünschter Werbung des Internet-Vorgängers BTX“ befasst, weiß man bei der Stiftung Warentest – und sie verboten (Az. I ZR 222/85). Doch spreche vieles dafür, dass die BGH-Richter „wegen der Ähnlichkeit der Medien“ bei unerbetenen E-Mails „genauso entscheiden würden“. Andere Instanzen hätten bislang jedoch unterschiedlich geurteilt. Teils verboten sie die „unlautere Werbung“, wenn der private und gewerbliche Empfänger ohne seine Zustimmung belästigt würde (so LG Traunstein, Az. 2 HKO 3755/97). Andere Gerichte meinten, in Kauf nehmen müsse sie zumindest der, der die Webseiten von Firmen besuche (so das LG Braunschweig, Az. 22 O 1683/99).

Demgegenüber ist die unablässige Flut von Werbezetteln aus den Telefaxen – abgesehen von dem Ärger über die Blockade des Gerätes – vermutlich noch teurer als die per E-Mail: „Immerhin fallen Kosten für Strom, Toner, Papier und Wartung dem Empfänger zur Last“, so die Berliner Verbraucherzentrale. „Vorzugsweise zur Nachtzeit“, werde rundgefaxt und „offenbar wahllos an Inhaber von Faxanschlüssen“, registriert man bei der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Frankfurt. Die Flut der Faxe ziehe eine „Flut der Beschwerden“ nach sich – über 5.500 pro Jahr in Frankfurt.

Für weitere Informationen soll man dann – so will es der Versender – den Faxabruf für eine auf den Zetteln genannte Nummer aktivieren. Der Haken: Es sind ausschließlich 0190er-Nummern – also superteuer. Wer beispielsweise seine „Stromkosten bis zu 56 Prozent senken“ will, müsste zunächst 330 Mark investieren, errechneten Verbraucherschützer: Die „Information“ soll nur 3,63 DM pro Minute kosten – ihr Umfang indes betrug 92 Seiten. Noch teurer wird es, wenn man auf eine der seit April zugelassenen 0900er-Nummern reagiert: „Aus dieser Rufnummer lässt sich der Preis pro Minute nicht mehr ablesen“, warnt die Stiftung Warentest. Ein Preislimit gebe es nicht, es „können durchaus 10 Mark fällig werden“ – pro Minute.

„Die Rechtslage ist eindeutig“, heißt es dazu bei der Wettbewerbszentrale. „Unverlangte Faxwerbung ist in der Bundesrepublik nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb grundsätzlich unzulässig.“ Dementsprechend entschied auch das Oberlandesgericht Koblenz (Az. 4 U 1314/97). Genau wie Werbeanrufe seien sie nur mit dem Einverständnis des Empfängers erlaubt, beschied auch der Bundesgerichtshof (Az. I ZR 255/93).

Aber: „Nur bei unzulässiger Faxwerbung durch bundesdeutsche Firmen ist die Rechtsverfolgung unproblematisch“, so die Erfahrung in Frankfurt. Innerhalb weniger Tage könne „ein Werbeverbot erreicht werden“.

Das Problem: Nur selten stößt man auf deutsche Namen, sondern meist auf Absender aus Belgien, England oder gar aus den USA. „Sobald er aus dem Ausland kommt, ist der Anbieter kaum greifbar“, bedauert man bei der Verbraucherzentrale Berlin. Die „Rechtsverfolgung gestaltet sich dann schwierig“, muss man auch bei der Wettbewerbszentrale zugeben. Die Staaten übergreifenden Ermittlungen seien „kosten- und zeitintensiv“. Also: Faxwerbung ist zwar verboten – sie zu verhindern aber mühsam.

Wer einen ISDN-Anschluss besitze, rät die Verbraucherzentrale Bayern, solle einfach die Faxnummer ändern. Der Bundesverband Informationswirtschaft (BITKOM) hat zudem eine Fax-„Robinson“-Liste eingerichtet. Zumindest Sendungen von deren Mitgliedsfirmen können unterbleiben, wenn man sich dort kostenlos eintragen lässt. Da ausländische Werber in der Regel keine Mitglieder sind, bleibt nur das, was manche schon längst praktizieren: Faxgeräte – zumindest zeitweise – abschalten. Da diese Werbung für den Absender kostengünstig meist per Internet und automatisiert verschickt wird, bleibt die Hoffnung, dass die Datenbank bei wiederholten Versandstörungen reagiert und die Faxnummer aussortiert. ALO

Robinson-Liste, Antragsformular per Faxabruf unter 0 18 05 - 00 07 61; AG Telefax im VDMA, Lyoner Str. 18, 60528 Frankfurt; www.robinson.de

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