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Utopia ist in Hemelingen

■ Ein Weyher Bauzeichner hat ein gigantisches Freizeitzentrum entworfen, das die Weser und die Landesgrenze überspannen soll. Investieren soll die Autoindustrie.

Günther Zado hat es nicht gern, wenn man ihn einen Visionär nennt. Doch keine Bezeichnung passt besser auf den Beruf, den der Weyher ausübt. Seit einem halben Jahr zeichnet Günther Zado an seinem Entwurf für „Aqua City“. Das gigantische Freizeit- und Urlaubszentrum existiert vorerst nur in seiner Phantasie. Rechts und links der Weser soll es auf dem Grund der Stadt Bremen und der niedersächsischen Gemeinde Weyhe entstehen und damit nicht nur die Landesgrenze, sondern auch die Weser überspannen. Der 350.000 Quadratmeter große Bau soll von einem Netzdach bedeckt werden und Schätzungen zufolge rund 832 Millionen Mark kosten. Wenn das keine Vision ist, dann muss ein neues Wort erfunden werden.

Einzelne Gebäude zeigt die Computergraphik auf Günther Zados PC. Das Dach überspannt die Wasserstadt wie eine riesige Käseglocke. Auf der Brücke flanieren die Fußgänger, während unten auf der Weser große Frachtschiffe Güter in ferne Länder bringen. Im nördlichen Bereich auf bremischem Boden spielen Kinder am künstlich aufgeschütteten Sandstrand. Die Hotelgäste und die Bewohner der Seniorenresidenz spazieren über den Marktplatz, besuchen kleine Boutiquen und gediegene Antiquitätenläden, genießen Cocktails in den zahlreichen Cafés und Bistros, lassen sich beim Coiffeur die Haare stylen und lernen in der Segelschule, wie man ein Ruder richtig hält. Das Wetter interessiert nicht. In „Aqua City“ ist das ganze Jahr über Sommer.

Die niedersächsische Südseite beeindruckt durch Technik. Sämtliche Autohersteller präsentieren ihre neuesten Modelle, Sportyachten stehen zur Schau und Werften informieren über den Schiffbau und seine Geschichte. Abends wummern in der Diskothek die Bässe. Wer es besinnlich liebt, schlürft Austern und knackt Hummerschalen auf dem Gastroschiff. Das Kino zeigt Klassiker – vielleicht „Water World“.

Es macht Spaß, Visionen zu haben. Das wird deutlich, wenn man einen Blick auf Günther Zados Konzept wirft. Keine Grenze hat er seiner Phantasie gesetzt. Die „Aqua City“ aus Zados Träumen ist eine futuristische Ferienstadt mit Sportbootanleger, die den Besuchern alles bietet, was sie interessiert, erfreut und den Alltag vergessen lässt. Alles könnte so schön sein, wäre da nicht die Sache mit dem Geld. Günther Zado hat keine 832 Millionen Mark. Deswegen kam er auf die Idee mit den Autoproduzenten. „Wenn nur zehn Großkonzerne mitmachen, dann steht das Ding“, glaubt der Bauzeichner. „Wenn die Autohersteller interessiert sind, dann machen die keine halben Sachen.“ Zado will eine kleine IAA in der Daimler-Benz-Stadt Bremen hochziehen. Wenn alles so läuft, wie er es sich vorstellt, dann wäre die „Aqua City“ eine Attraktion für Bremen – in der Größenordnung des „Space Park“ und des „Universum“. Bis 2012 will Zado die Wasserstadt fertigstellen. Sollten dann Hamburg und Bremen die olympischen Spiele austragen, möchte er Spitzensportler aus aller Welt in „Aqua City“ einquartieren.

Den idealen Ort für sein gewagtes Bauvorhaben hat Günther Zado bereits gefunden. 600 Meter südlich der Stelle, wo die Autobahn zwischen Hemelingen und Arsten die Weser überquert, soll seine Vision Wirklichkeit werden – mitten im Naturschutzgebiet. Der Bremer Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) steht noch nicht in Alarmbereitschaft. Die Umweltschützer wollen nicht so recht an „Aqua City“ glauben. Auch bei der Bremer Baubehörde und der Weyher Gemeindevertretung rechnet zur Zeit niemand damit, dass beide Orte in naher Zukunft mit einer Flanierbrücke verbunden sein werden.

„Wir werden uns die Details genau ansehen. Aber bis jetzt hat Herr Zado noch nicht mit uns gesprochen“, sagt Weyhes Bürgermeister Reinhard Osterloh. Das will der Visionär jetzt tun. Für 150.000 Mark soll die Idee von „Aqua City“ visualisiert werden. Dann kann auch eine Hochglanzbroschüre in den Druck gehen. „Um die Investoren zu überzeugen, braucht man so etwas“, erklärt Günther Zado. Das Wasser- und Schifffahrtsamt will dem Weyher keinen Strich durch die Rechnung machen. „So lange die Schiffe da durch passen, wüsste ich nicht, was gegen so ein Projekt spricht“, sagt Martin Schüle, der beim Schifffahrtsamt für Verkehrswege zuständig ist. Bleibt abzuwarten, was die potentiellen Inves-toren von Mercedes, BMW und Porsche von Günther Zados Idee halten. Denn ebenso wie die Kommunalverwaltungen wissen auch die Automobilkonzerne noch nichts von ihrem Glück.

Ebbe Volquardsen

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