: Kinder und die Rentenlücke
Rentenreform: Eine Betrachtung des Verbandes der Familienfrauen und -männer
Bereits vor neun Jahren hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 7. Juli 1992 vom (jeweiligen) Gesetzgeber gefordert, dass bei allen weiteren Reformen der Alterssicherung die Benachteiligung der Familien – und hier insbesondere der Kinder erziehenden Familienmitglieder – in weiterem Umfang als bisher schrittweise abzubauen sind. Die Bundesregierung erfüllt indes nur unzureichend die Aufgabe, zu der sie verfassungsrechtlich verpflichtet ist.
Gleiche Beiträge: Eltern zahlen Beiträge wie alle Versicherten, und zwar den vollen Satz, unabhängig davon, wie viele Kinder sie zu unterhalten haben.
Keine höhere Rente durch Kindererziehung: In den nächsten 30 Jahren wird es keine höhere Rentenbewertung für die Leistung „Kindererziehung“ geben – so lange wird es noch dauern, bis die Anhebung der Kindererziehungszeiten auf drei Jahre pro Kind zum tatsächlichen Rentenanstieg von Müttern führt. Rechnerisch ergibt die Erziehung eines Kindes derzeit einen Betrag von 48 Mark mehr pro Monat im Geldbeutel einer Rentnerin für eine Arbeitsleistung, die kaum in Stunden, Tagen oder Jahren zu messen ist.
Eltern zahlen dreifach: für gesetzliche Rentenbeiträge, Kinder und Privatvorsorge. Von den Eltern, die ja bereits neben ihren Geldbeiträgen durch die Erziehung ihrer Kinder die Vorsorge für ihr eigenes Alter, für das der kinderlosen Alten und für die Bestandserhaltung der Rentenversicherung („Generationenvertrag“) erbringen, wird noch eine zusätzliche finanzielle Eigenvorsorge erwartet; offiziell zwar freiwillig, jedoch schlichtweg dringend notwendig, um Renteneinbußen gegenüber heute zu vermeiden.
Die staatliche Zulage ist abhängig von den Sparmöglichkeiten: Die staatliche Grundzulage beträgt jährlich ansteigend in den Jahren 2002 bis 2008 für Erwachsene – gleichgültig, ob sie Kinder haben oder nicht – 38 bis 154 Euro und für jedes Kind 46 bis 185 Euro; dies aber nur, wenn beide Erwachsene tatsächlich eine private Altersvorsorge in Höhe des vorgeschriebenen Prozentsatzes des Bruttolohns (zwischen 1 Prozent und 4 Prozent) erübrigen können. Das bedeutet: Eine Familie mit einem Bruttoeinkommen von beispielsweise 60.000 Mark muss zwischen 600 und 2.400 Mark pro Jahr sparen, um im Alter nicht benachteiligt zu sein; zusätzlich zu allen anderen Ausgaben, die für die Kinder sowieso anfallen.
Benachteiligung von Frauen bei privaten Versicherungsabschlüssen: Frauen müssen auf Grund ihrer höheren Lebenserwartung einen höheren Beitrag für die private Altersvorsorge aufbringen, um das gleiche Versicherungsniveau zu erreichen wie Männer.
Die Höherbewertung der Kindererziehungszeiten ist zudem noch davon abhängig, dass mindestens 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten nachgewiesen werden können. Gerade dann, wenn Familien mehrere Kinder haben möchten, kann eine solche Vorgabe für die Mütter (je nach Abstand der Geburten) nur schwer zu erreichen sein. Rechnerisch ist also die Erziehung mehrerer Kinder ohne gleichzeitige Erwerbsarbeit weniger wert.
Der Verband der Familienfrauen und -männer ist seit vielen Jahren einer der Verbände, die sich für eine verstärkte und verbesserte, also gerechtere Bewertung der Arbeitsleistung „Kindererziehung“ in der Alterssicherung einsetzt. Er fordert, dass die Eigenvorsorge innerhalb der Rentenversicherung mit der Leistung der Kindererziehung abgegolten sein muss, um weitere Benachteiligungen der Familien zu verhindern. Denn Kinder dürfen sich nicht als „Lücke“ im Rentenverlauf nachteilig auf die Eltern auswirken. CLAUDIA HAIDER
Die Autorin ist stellvertretende Landesvorsitzende NRW des Verbandes der Familienfrauen und -männer. Bundesgeschäftsstelle dhg – Verband der Familienfrauen, Wiltraud Beckenbach, Berliner Str. 11, 67269 Grünstadt, Tel./Fax (0 63 59) 8 65 21, www.dhg-frauen.de
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