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Die Union der Kritiker

CDU und Wirtschaftsverbände fürchten Imageschaden für die Stadt, wenn die PDS mitregiert. Doch längst nicht alle Berliner Unternehmen haben Angst vor dem roten Schreckgespenst

von PHILIPP GESSLER und SABINE AM ORDE

Christdemokraten und Wirtschaftsverbände haben wieder zueinander gefunden. Nachdem es in der Einwanderungsdebatte zu einer zeitweisen Entfremdung gekommen war, eint sie nun wieder der gemeinsame Feind: die PDS. Die Vorlage gab gestern CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer: Die Beteiligung der PDS an der Landesregierung sei für Wirtschaft und Arbeitsplätze „eine ganz schlechte Botschaft“. Rot-Rot sei eine Blockade der Zukunft Berlins.

Ähnlich äußerte sich die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg. Sie sieht „erhebliche Risiken für die künftige Entwicklung des Standortes Berlin“, sollte die PDS im Senat ihre zentralen wirtschaftspolitischen Forderungen umsetzen. Der Plan der Sozialisten, die Investitionsförderung auf null zu senken, „gefährdet massiv die Ansiedlung neuer Unternehmen“ und die Modernisierung bereits ansässiger Firmen: „Berlin würde den Anschluss im nationalen und internationalen Wettbewerb verlieren.“

Etwas vorsichtiger formuliert das die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftlicher Mittelstand (AWM). Manche Äußerungen der PDS seien „nicht wirtschaftsfreundlich“, sagte Geschäftsführer Markus Guhl. Den Unternehmen sei bisher unklar, was die PDS eigentlich wolle. Wenn sie betriebsbedingte Kündigungen im öffentlichen Dienst ausschlösse und Steuererhöhungen vorschlüge, sei das ein „vollkommen falsches Signal“.

Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes des Berliner Einzelhandels, warnte dagegen vor „Vorverurteilungen“. Die Vorstellungen der PDS seien noch nicht die Wirtschaftspolitik eines rot-roten Senats. Der Einzelhandel brauche vor allem eine stabile Regierung. Busch-Petersen verwies darauf, dass die Unternehmen seines Verbandes auch während der großen Koalition keine „glückselige Zeit“ gehabt hätten.

„Die Wirtschaft entscheidet nach den konkreten Bedingungen, die sie vorfindet“, meinte der Sprecher des Recyclingunternehmens Alba, Axel Bahr. Er gehe deshalb davon aus, dass Unternehmen jetzt vielleicht vorsichtiger seien. Entscheidend aber sei, ob der neue Senat sinnvolle Bedingungen für Investitionen schaffe. Ähnlich sieht es Schering-Sprecher Mathias Claus. „Unternehmen denken nicht in Legislaturperioden, sondern langfristig.“ Siemens-Unternehmenssprecher Harald Prokosch dagegen betonte die Bedeutung von Psychologie in der Wirtschaft. Besonders ausländischen Unternehmen sei es schwer zu vermitteln, warum die Nachfolgepartei der SED an der Landesregierung beteiligt werde. Innerhalb Berlins aber sei vielen Unternehmen klar, dass die Zusammenarbeit zwischen der PDS und der Wirtschaft in einigen Bezirken gut funktioniere.

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