un-truppen für Kabul: Der schwierige Friede
Die USA scheinen den Krieg gegen al-Qaida zu gewinnen. Die Prophezeiung vieler Kriegsskeptiker, der Konflikt werde zu einem zweiten Vietnam, war falsch. Aber es gibt eine andere, trübe Seite des Krieges: die Schwierigkeit, das Post-Taliban-Afghanistan zu befrieden.
Kommentarvon STEFAN REINECKE
Die Lage ist konfus. Die UNO will möglichst schnell ein paar tausend Soldaten nach Kabul schicken. Die Briten sollen die Truppe führen – doch sie wollen nur 90 Tage dort bleiben. Außerdem ist Großbritannien Mitkombattant der USA: Das macht es nicht gerade leichter, die UN-Truppen, die für Frieden sorgen sollen, und US-Truppen, die Krieg gegen al-Quaida führen, auseinander zu halten. Hinzu kommt, dass die Nordallianz, das brüchige Bündnis verschiedener Warlords, die sich teils schon wieder bekriegen, nur eintausend UN-Soldaten erlauben will.
Wegen dieser Unübersichtlichkeiten hat sich der UN-Sicherheitsrat vertagt, deshalb wird der Bundestag vielleicht erst am Sonntag über die Beteiligung der Bundeswehr am UNO-Einsatz abstimmen.
Diese wirre Lage ist kein Zufall, sie spiegelt die Geschichte des Krieges selbst. Der US-Krieg galt von Beginn an Bin Laden. Der Sturz der Taliban und der Sieg der Nordallianz waren nur Nebeneffekte des Anti-Terror-Krieges – mehr nicht. Das ist der Unterschied zum Kosovo: Dort war die Befriedung das Kriegsziel. Deshalb war es dort einfacher, die KFOR auf die Beine zu stellen.
Allerdings ist es auch im Kosovo nicht gelungen, Recht und Ordnung zu erzwingen: Auch zehntausende von KFOR-Soldaten konnten die Vertreibung von Serben und Roma nicht verhindern. Afghanistan ist 20-mal so groß – und von zivilen Verhältnissen viel weiter entfernt, als es das Kosovo je war. Die Vorstellung, dass ein paar tausend UN-Soldaten für Ordnung sorgen könnten, ist mehr als naiv. Auch wenn die UN der Nordallianz die Stationierung dieser Truppen abtrotzt, ihre Präsenz ist ein Symbol, nicht mehr.
Aber was soll die UNO sonst machen? Die internationale Gemeinschaft muss wenigstens demonstrieren, dass sie ein friedliches Afghanistan will: nicht aus Moral, aus eigenem Interesse.
Denn es waren die Dostums, die Warlords, die die Machtübernahme der Taliban erst möglich machten. Wenn der ewige Bürgerkrieg zurückkehren sollte, wäre das eine Niederlage – auch für den Krieg gegen den Terror. Der Bombenkrieg war scheinbar einfach, die Befriedung wird viel, viel schwieriger.
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