: Amtsrichter beim Faulenzen ertappt
■ Innensenator Schill ist erwartungsgemäß freigesprochen worden
Im Prozess gegen Ronald Schill, fasste der SPD-Landesvorsitzende Olaf Scholz gestern zusammen, ging es „um die Frage, ob er ein Rechtsbrecher oder ob er bloß faul ist“. Das Landgericht hat gestern sein Urteil gesprochen: Schill ist bloß faul. Es sprach den Innensenator erwartungsgemäß vom Vorwurf frei, sich in seiner Zeit als Amtsrichter der Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung schuldig gemacht zu haben.
Das Gericht bestätigte, dass Schill durchaus seine Pflichten verletzte, als er die Haftbeschwerde zweier von ihm inhaftierter Prozesszuschauer fast drei Tage unbearbeitet ließ. Schill sei „sehr wohl in der Lage gewesen, die Akte zügig zu bearbeiten und weiterzuleiten“. Er habe gelogen, als er im Prozess behauptete, von der Beschwerde erst am Tag nach der Inhaftierung erfahren zu haben. Auch habe er seinen RichterkollegInnen falsche Behauptungen aufgetischt, als er in einer Kantinenrunde auf die zögerliche Bearbeitung angesprochen wurde. Die Verhandlung habe aber keinen Beweis dafür erbringen können, dass er die Absicht verfolgt habe, die beiden Inhaftierten möglichst lange im Gefängnis „schmoren“ zu lassen. „Wir gehen davon aus“, so der Vorsitzende der Großen Strafkammer, „dass er sich zunächst überhaupt keine Gedanken darüber machte, ob er sich bei der Bearbeitung drei Tage Zeit hätte nehmen dürfen. Er bearbeitete die Beschwerde schlichtweg nicht.“
Die Kammer fand es „bemerkenswert“, dass Schill, der offenbar als Richter keine Ahnung vom Umgang mit der Ordnungshaft hatte, sich nicht umgehend darüber schlau machte. „Ein Blick in den Kommentar zu dem Gesetz hätte genügt.“
Dass er den nicht tat, begründet laut Rechtsanwältin Gabriele Heinecke bereits den Vorwurf der Rechtsbeugung. Auf Schills Absicht, die beiden im Gefängnis schmoren zu lassen, wäre es deshalb gar nicht mehr angekommen, sagt die Anwältin, die einen der beiden damals Inhaftierten vertritt. Diese Rechtsauffassung hätte sie gerne im Prozess dargelegt. Das aber wurde ihr verwehrt: Ihren Antrag auf Nebenklage lehnte das Gericht ab. Das Bundesverfassungsgericht, bei dem sie daraufhin intervenierte, „hat uns auf die Option hingewiesen, nun in die Revision zu gehen“. Elke Spanner
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