JAPANS FIRMEN VERLAGERN SCHMUTZIGE PRODUKTION INS AUSLAND: Globalisierung schützt vor Klimaschutz
Die Klagen der Wirtschaft über den Klimaschutz klingen in Japan ganz ähnlich wie hier zu Lande. Beim zweitgrößten Kohlendioxid-Emittenten der Welt sind es aber nicht die Großkonzerne, sondern die mittelständischen Betriebe, die das Klagelied anführen. Der Grund: Die energieintensiven Branchen wollen ganze Fertigungsstrecken in Nachbarländer wie China, Taiwan oder Korea auslagern.
Ursprünglich waren diese Pläne rein wirtschaftlicher Natur: Die Schwellenländer locken mit niedrigen Produktionskosten. Willkommener Nebeneffekt aber ist, dass durch solcherlei Verlagerung auch das eigene Klimaschutzziel erreichbar scheint. Japan exportiert damit einen Teil seines Kohlendioxid-Ausstoßes. Den Schwellenländern wiederum macht dieser Problemexport nicht sonderlich viel aus: Nach dem bestehenden Vertrag sind sie bis 2010 an kein Reduktionsziel gebunden. So kommt auch ihnen der Weg zugute, der sich Nippon durch die Globalisierung eröffnet.
Theoretisch gibt es zwei Möglichkeiten, dieses Schlupfloch zu stopfen. Am einfachsten wäre es, auf der im September anstehenden Klimakonferenz in Johannesburg auch die Schwellenländer auf ein Reduktionsziel einzuschwören. Darauf werden sich diese Staaten aber nicht einlassen. Ihr Anteil an der weltweiten Emission ist so gering, dass sie mit Fug und Recht Vorleistungen der Industriestaaten verlangen können. Die zweite Möglichkeit: Ausgelagerte Emissionen werden nicht als eigene Reduktion angerechnet. Doch es ist ein illusorischer Gedanke, das mühsam ausgehandelte Klima-Protokoll noch einmal aufzuknöpfen.
So wird es darauf hinauslaufen, dass wir in diesem Jahrzehnt mit zwei Klimarechnungen leben werden: einer Kioto-offiziellen und einer Klima-relevanten. Nach ersterer wird Japan im Jahre 2010 auf Erfolge verweisen können. Nach zweiterer wird sich an der Klimaproblematik nicht viel geändert haben. Erst wenn die Klimaziele auch für die schwächeren Länder verbindlich sind, werden Japan und seine Konzerne von den Problemen ihrer Auslagerungspolitik eingeholt werden. Bis dahin haben sie Zeit gewonnen. NICK REIMER
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