: „Der Rabatt ist doch schon einkalkuliert“
Händler erhöhen ihre Preise im Vorfeld, um dann Nachlässe zu gewähren, meint SPD-Verbraucherschützerin Jella Teuchner
taz: Frau Teuchner, Sie halten Rabatte grundsätzlich für unsinnig. Warum?
Jella Teuchner: Unternehmer müssen Gewinne machen. Daher erhöhen sie Preise im Vorfeld künstlich, um dann Nachlässe gewähren zu können. Der Rabatt ist also in den überwiegenden Fällen im Vorfeld schon einkalkuliert. Dass C & A jetzt mit seinen Rabatten derartig für Furore sorgt, liegt doch nicht daran, dass der Konzern als Wohltäter des Verbrauchers auftritt. C & A betreibt einen knallharten Verdrängungswettbewerb. Es geht hier nicht um individuelle Rabatte, wie etwa beim Schlussverkauf. Das hier ist Preiskampf, vor dem muss man die Verbraucher schützen.
Mit einem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb aus dem Jahre 1909?
Zum Beispiel. Das Gesetz zielt darauf ab, dass der Wettbewerb gesund bleibt. Ziel ist ein breites Angebot. Das wird es aber nicht mehr geben, wenn der eine Wettbewerber durch unverschämte Dauerrabatte die Konkurrenz vom Markt verdrängt. Im Endeffekt würde das bedeuten: Weniger Wettbewerb und damit höhere, statt niedrigerer Preise.
Was ist der Unterschied zu dem von der SPD abgeschafften Rabattgesetz?
Das Rabattgesetz zielte auf den Einzelverkauf. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb hingegen bezieht die gesamte Produktpalette ein. Das bedeutet, hier liegen Sonderverkäufe vor und eben nicht individuelle Rabatte. Sonderverkäufe sind nur als Schlussverkauf gestattet und bei runden Firmenjubiläen. Nichts davon ist bei C & A der Fall.
Ihr grüner Regierungspartner fordert trotzdem, das Wettbewerbsgesetz zu überprüfen.
Zumindest der Arbeitskreis Verbraucherschutz der SPD-Fraktion ist sich einig, dass das Gesetz nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden darf. Das Gesetz hält eben nicht nur alte Zöpfe parat, sondern wirksame Mechanismen gegen bestimmte Formen des unlauteren Wettbewerbes.
Kleine Änderungen dürften es demnach sein?
Das Gesetz wird im Zuge der Harmonisierung auf EU-Ebene sicherlich irgendwann angefasst werden. Die Kommission hat gerade ein Grünbuch erarbeitet – also einen Fragenkatalog – auf dessen Grundlage dann Verbände, Unternehmen, Regierungen Stellung nehmen können. Daraus wird ein Weißbuch entstehen, das als Grundlage für die Harmonisierung gilt. Das wird aber ein bis zwei Jahre dauern.
Das bedeutet, bis dahin kann der kleine Koalitionspartner fordern, was er will – an den Verbraucherschützern der SPD werden die Grünen scheitern?
Moment, so weit ist auch unser Koalitionspartner noch nicht. Wir haben die Diskussion über dieses Wettbewerbsgesetz auf die politische Tagesordnung gesetzt. Aber jetzt muss sie erst einmal geführt werden.
Und solange Sie diskutieren, müssen die Verbraucher auf Schnäppchen à la C & A verzichten?
Es geht uns nicht darum, Rabatte zu verhindern, sondern den unlauteren Wettbewerb. Und das Gesetz ist oftmals nur die einzig wirklich wirksame Waffe, damit verhindert wird, dass der Verbraucher über den Tisch gezogen wird. Diese jetzt durch übereilten Aktionismus aus der Hand zu geben, wäre fatal.
INTERVIEW: NICK REIMER
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