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Rot-rote Arbeitsteilung

In Berlin will die SPD das Sparen übernehmen. Die PDS denkt in größeren Dimensionen

aus Berlin ROBIN ALEXANDER

So schnell wurde in Deutschland schon lange keine Regierung mehr geformt. Binnen Tagen haben sich SPD und PDS in Berlin auf die Eckpunkte ihrer gemeinsamen Politik geeinigt. Ganz entspannt flogen die Unterhändler anschließend in den Urlaub, feierten Weihnachten und ließen noch den Silversterkater ausklingen. Schon am Abend des ersten Verhandlungstags im neuen Jahr konnten Rot und Rot mit trockenem Sekt anstoßen: Vertrag fertig, Ressorts aufgeteilt, Prost.

Das Tempo der Einigung und die offenkundige gegenseitige Sympathie der Spitzenpolitiker sollte nicht zu einem Fehlschluss verleiten: Die beiden Parteien aus der Tradition der Arbeiterbewegung wollen in Berlin zwar gemeinsam etwas erreichen, jedoch nicht das Gleiche. Augenfällig wurde das schon bei der Vorstellung der Verhandlungsergebnisse am Montag. Ein sichtbar entspannter Regierender Bürgermeister erinnert an längst vergessene, frühere Berliner Quälkoalitionen mit der CDU, an die Finanzkrise Berlins und nannte PDS und SPD „Kräfte, die diese Stadt voranbringen wollen“. Wowereit, der sein ganzes Leben in der Landespolitik verbracht hat, denkt in den Grenzen der Pleitestadt. Daraus ergibt sich ein Sanierungprojekt: „Wir haben fünf harte Jahr vor uns. Das wird weder für SPD noch für die PDS ein Zuckerschlecken. Und auch nicht für Berlin“, prophezeite er.

Die Sanierung soll ein sozialdemokratisches Gesicht haben, das zeigt sich auch in der Verteilung der Senatsposten. Das Finanzressort bleibt sozialdemokratisch, ebenso wie das Innenressort und die Stadtentwicklung. Die Reform des öffentlichen Dienstes mit massivem Stellenabbau – das wichtigste Vorhaben in der kommenden Legislaturperiode – wird von der SPD quasi allein verantwortet. In der Partei ist das umstritten: Noch 1999 jagten die Genossen Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing davon, um Kürzungen und Streichungen nicht mehr verantworten zu müssen. Jetzt ist Sparen Chefsache. Dumm nur, dass Wowereit noch niemanden gefunden hat, der den Sparkommissar geben will.

Und die PDS? Keine Schlüsselressorts. Nur drei Pöstchen. Gysi, der am Montagmorgen noch vier Senatorenposten gefordert hatte, redete am Abend gegen den Eindruck an, er käme als Verlierer aus den Verhandlungen. „Dreieinhalb“ Senatoren habe man doch, interpretiert Gysi den Zustimmungsvorbehalt für eine SPD-Justizsenatorin.

Berlin ist für die PDS nur Etappe: Die Bundesrepublik das Ziel. Rot-Rot könne „Geschichte machen, durch ein anderes Klima in dieser Stadt etwas für das ganze Land erreichen“. Wer welche Beamten kommandiert, interessiert Gysi nur am Rande, wenn es um die ganz langen Linien geht. An den historischen Gegensatz zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten, den er schon 1989 als SED/PDS-Vorsitzender habe überwinden wollen, erinnerte Gysi. Da sprach Wowereit schon wieder vom Sparen.

Jetzt soll ganz Deutschland die PDS-Senatoren kennenlernen – nicht als übrig gebliebene Exkommunisten, sondern als moderne Politiker. Die Senatorenposten, die Gysi ausgehandelt hat, garantieren weniger Macht als hohe Außenwirkung: „Die größte Herausforderung ist für uns die Wirtschaft“, sagt Gysi. Dieses Ressort hat einen kleinen Etat, Strukturreformen trifft man dort nicht. Es geht Gysi aber auch nicht zentral um die Berliner Ökonomie, sondern um die eigene Partei: „Wir wollen unseren Ruf verändern.“ Übernimmt er das Amt selbst? Die Genossen drängen ihn, Gysi plädiert jedoch dafür, jemanden zu finden, der nicht aus der Landespolitik kommt. Er selbst sieht sich wohl eher als Kultursenator Matinees und Vernissagen eröffnen und mit dem Bund über Finanzierung verhandeln. Die Sozialdemokraten für die Arbeit. Die Sozialisten für die Kameras. In der Landespolitik könnte das gut gehen. Knackpunkte drohen im Bundesrat. Das „bundesfreundliche Verhalten“, zu dem sich Rot-Rot in der Präambel des Koalitionsvertrages verpflichtet, lässt alle Interpretationen zu. Die Stimmen Berlins im Bundesrat, die zuletzt für den Beschluss der rot-grünen Steuerrefom entscheidend waren, werden jedenfalls nicht mehr gegen den Willen der PDS vergeben. Der Kanzler wird sich notfalls mit Gregor Gysi verständigen müssen.

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