piwik no script img

SCHÄCHTEN IST EINE UNNÖTIGE QUÄLEREI UND ZEICHEN BRUTALER TOLERANZVorwärts ins Mittelalter

Wer Multikulti will, muss auch tolerieren, dass Tiere geschächtet werden. Unisono stößt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das jetzt auch Muslimen erlaubt, Tieren unbetäubt die Gurgel durchzuschneiden, auf eine Orgie von Verständnis. Man fasst sich an den Kopf: Religiöse Hirngespinste und anachronistische Barbareien werden toleriert, weil man Minderheiten nicht zu nahe treten will. Man will politisch korrekter sein als die muslimischen Gutachter der Kairoer Universität, die eine Vorabbetäubung der Tiere akzeptierten.

Was das Schächten wirklich bedeutet, davon haben die Kommentatoren, die jetzt das „sensible Karlsruher Urteil“ loben, keine Ahnung. Die Tiere erleben die eigene Tötung bei vollem Bewusstsein. Schmerzen und Panik sind die Folge. Beim Schaf vergehen nach dem Durchschneiden des Halses etwa 15 Sekunden, bis das Tier sein Bewusstsein verliert. Beim Rind dauert es wesentlich länger. Da der Schädel auch von Rückenarterien versorgt wird, bleibt das Tier bis zu eine halbe Minute bei vollem Bewusstsein, es strampelt und quält sich, es hat Erstickungsängste, weil Blut in seine Lunge fließt. Eine irrsinnige, unnötige Quälerei.

Nicht umsonst schreibt die Schlachtordnung vor, jedes Tier zu betäuben. Den Muslimen wurden dabei goldene Brücken gebaut. Die Elektrozange kann so eingestellt werden, dass sie nur eine leichte Betäubung auslöst. Das Tier wird dann durch den Halsschnitt getötet, das Ausbluten nicht in Frage gestellt. Aber nein, es müssen im 21. Jahrhundert mitten in Deutschland mittelalterliche Methoden sein, für die es keine rationalen Gründe gibt. 99,9 Prozent aller Kunden, die in der Metzgerei des Klägers einkaufen, hätten ihre Hammelkeuele auch ungeschächtet mit Appetit gegessen. Wer wird künftig dort einkaufen? Tierfreunde sicher nicht. Die werden muslimische Metzger boykottieren.

Aber der Bauernverband applaudiert. Das Urteil eröffnet ihm neue Exportmärkte. Endlich kann in den Nahen Osten – ein großer traditioneller Rindfleischmarkt – auch Fleisch geschächteter Tiere ausgeführt werden. Wer fragt da noch nach am Haken brüllenden Rindern. MANFRED KRIENER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen