: Anschlag auf US-Kulturzentrum
Die indische Regierung beschuldigt indirekt Pakistan, in das Attentat von Kalkutta verwickelt zu sein. Zwei Islamistengruppen bekennen sich zu der Tat, der fünf Polizisten zum Opfer fielen. Die US-Regierung gibt zunächst keine Stellungnahme ab
aus Delhi BERNARD IMHASLY
Unbekannte Täter haben am Dienstagmorgen in der ostindischen Stadt Kalkutta einen Anschlag auf ein US-amerikanisches Kulturzentrum verübt. Vier Täter näherten sich kurz vor halb sieben auf zwei Motorrädern dem Eingangstor, an dem gerade ein Schichtwechsel stattfand und wo deshalb mehr Personen als üblich herumstanden. Die Attentäter schossen wahllos in die Gruppe von Polizisten und Wachleuten, bevor sie unerkannt davonfuhren, ohne dass das Feuer erwidert worden wäre. Vier Beamte starben auf der Stelle, ein fünfter erlag später seinen Schussverletzungen. Über ein Dutzend weitere Personen wurden verletzt, einige sollen noch in Lebensgefahr schweben.
In Delhi und in anderen Großtädten wurden die ohnehin schon scharfen Sicherheitsmaßnahmen um amerikanische Einrichtungen sogleich verstärkt. Innenminister L.K. Advani gab bekannt, die Kriminalpolizei in Kalkutta habe im Lauf des Morgens einen Anruf aus Dubai bekommen, in dem sich ein „Asif-Raza-Kommando“ zur Tat bekannte.
Ein weiterer Anrufer bei einer Lokalzeitung behauptete, die „Harkat al-Jihad Islami“ habe die Verantwortung übernommen und mit weiteren Anschlägen in Delhi und Gujarat gedroht. Letzteres ist eine kaschmirische Untergrundorganisation, die aus der „Harkat al-Ansar“ hervorgegangen sein soll, nachdem sich diese in der Folge ihrer Brandmarkung als Terrorgruppe durch die USA aufgelöst hatte. Asif Raza war ein Gangster aus der Unterwelt von Kalkutta, der sich auch als Islamist profiliert haben soll. Raza wurde im Jahr 2000 von der Polizei erschossen. Die Authentizität dieser Bekenneranrufe wurde von der Polizei bislang nicht bestätigt.
Indische Regierungsvertreter haben bisher vermieden, das benachbarte Pakistan direkt als Urheber des Anschlags zu beschuldigen. Die Äußerungen waren allerdings deutlich genug, um die Regierung in Islamabad zu einer scharfen Zurückweisung solcher Verdächtigungen zu veranlassen. Sie bezeichnete die Vorwürfe als „völlig unbegründet“ und verurteilte den Anschlag.
Indiens Innenminister Advani hatte eine Verbindung der Harkat-Gruppe mit dem militärischen Geheimdienst Pakistans hergestellt, und Vizeaußenminister Omar Abdullah meinte ebenfalls, es handle sich um einen klaren Fall eines Terroranschlags, der gegen die USA und Indien gerichtet gewesen sei.
Von amerikanischer Seite gab es zunächst keine Schuldzuweisungen, obwohl sich zufällig am gleichen Tag hohe US-Sicherheitsbeamte in der indischen Hauptstadt aufhielten. FBI-Direktor Robert Muller war in Delhi, um Modalitäten zur kürzlich vereinbarten Zusammenarbeit der Kriminalpolizei beider Länder zu besprechen. Und der Chef des militärische Geheimdienstes DIA, Thomas Wilson, nimmt derzeit am Treffen einer bilateralen Arbeitsgruppe über Anti-Terror-Management teil. Beide Beamte äußerten sich nicht zum Anschlag.
Das stets gut bewachte Amerika-Zentrum ist eins von zwei Gebäuden, die die US-Regierung in Kalkutta unterhält. In dem Zentrum sind eine Bücherei, Räume für Kulturveranstaltungen und mehrere Konsularabteilungen untergebracht. Die Sicherheitsvorkehrungen vor US-Einrichtungen in ganz Indien waren bereits in den vergangenen Monaten massiv verschärft worden.
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