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Und wenn es Amerikaner wären?

In den USA wandelt sich die öffentliche Meinung: Menschenrechtler und die Medien fordern faire Verfahren für die Guantanamo-Insassen. US-Verteidigungsminister Rumsfeld weist die Kritik zurück

WASHINGTON taz ■ Amerikanische Staatsbürger, vermeintliche Terroristen oder Spione, werden auf einer Insel von Soldaten irgendeines Staates festgehalten. Sie hocken gefesselt in Käfigen, Mund und Augen verbunden. Kein Anwalt, keine Anklage. Wie würde Amerika wohl reagieren? Vermutlich nicht nur den zuständigen Botschafter einbestellen. „Würden amerikanische Gefangene unter solchen Bedingungen festgehalten – die US-Regierung würde alles tun, dass sie nach internationalem Recht behandelt werden“, sagt James Ross von Human Rights Watch in New York.

Nachdem am Wochenende Bilder veröffentlicht wurden, die die Gefangenen aus Afghanistan auf dem US-Marinestützpunkt Guantanamo auf Kuba zeigten, hagelte es ausgerechnet aus London, dem treuesten Verbündeten im Kampf gegen den Terror, heftige Kritik. Auch UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson und der außenpolitische Koordinator der EU, Javier Solana, forderten, die Internierten als Kriegsgefangene entsprechend der Genfer Konvention zu behandeln. Die USA verweigern den 148 Internierten bislang den Status als Kriegsgefangene.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wies die Kritik aus Europa zurück. Es sei unfair davon zu sprechen, dass diese „eingefleischten Terroristen“ inhuman behandelt würden. Für Rumsfeld gibt es keinen Zweifel, „dass die Behandlung menschlich und angemessen ist und weitgehend mit der Genfer Konvention übereinstimmt.“

Der Disput ist eine Fallstudie über die unterschiedlichen Befindlichkeiten diesseits und jenseits des Atlantiks. Alles was in Amerika momentan zählt, ist, wie viele kriegswichtige Informationen man von den Gefangenen erhält. Ihre Rechte und eine rasche Anklage sind nebensächlich.

Doch auch US-Bürgerrechtsgruppen vertreten die Auffassung, die Gefangenen sollten im Sinne der Genfer Konvention behandelt werden; beim Nachweis einer Straftat sollte ihnen der Prozess gemacht werden. Das Pentagon fürchtet jedoch, dass dadurch Verhöre der Gefangenen erschwert werden. Nach der Konvention sind aber Befragungen erlaubt. Dabei darf Gewalt weder angedroht noch angewendt werden, was US-Recht ohnehin verbietet. Die Amerikaner sorgen sich zudem, dass die Anwendung der Genfer Konvention die von George Bush angekündigten Militärtribunale verhindert.

Auch Kritiker der Bush-Regierung erkennen an, dass staatenlose Terroristen sich schwer mit geltendem internationalen Recht fassen lassen. Es sei jedoch bedenklich, dass Justiz- und Verteidigungsministerium die Gefangenen „illegale Kämpfer“ nennen und ihnen damit zustehende Rechte verwehrten. So würde ein rechtliches Vakuum geschaffen. Solange es keine neuen Rechtsstandards gebe, müsse man die Internierten nach geltendem Recht behandeln. In Los Angeles befasste sich deshalb gestern erstmals ein Bundesrichter in einer Anhörung mit einer Petition amerikanischer Menschenrechtler, die Gefangenen ordentlichen Gerichten zu übergeben und ihre rechtliche Lage zu klären. Der Richter muss entscheiden, ob das Bezirksgericht in Kalifornien seinen Zuständigkeitsbereich auf Guantanamo ausdehnen kann.

Amerikanische Medien befürchten, dass Amerika im Umgang mit den Gefangenen riskiert, den hohen moralischen Anspruch, mit dem man den Krieg gegen den Terror begonnen hat, wieder zu verspielen. Offen fordern sie die Bush-Regierung auf, sich an internationales Recht zu halten. „Die strikte Einhaltung wird vor allem den Herkunftsländern der Gefangenen zeigen, dass die USA die Regeln der zivilisierten Weltgemeinschaft einhalten“, schreibt die Washington Post. MICHAEL STRECK

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