: Das demokratische Feigenblatt
Ehemalige GAL-Vorstandssprecherin hat in der Jungen Freiheit publiziert. Heutiger Landesvorstand findet das „unglücklich“ ■ Von Elke Spanner
In seiner Auflistung „Rechtsextremismus in Stichworten“ hat der Hamburger Verfassungsschutz auch die Junge Freiheit aufgeführt. Die Wochenzeitung verfolge das Ziel, heißt es dort, „die Abgrenzung zwischen dem konservativen und dem rechtsextremistischen Lager aufzuweichen“ – indem neben deutschen und ausländischen Rechtsextremisten auch AutorInnen aus dem demokratischen Spektrum angeworben werden. Auch die ehemalige GAL-Vorstandssprecherin Kordula Leites hat sich der rechten Postille zur Verfügung gestellt. Gestern wurde bekannt, dass sie in der am 21. Juli 2000 erschienenen Ausgabe einen Debattenbeitrag zu der Frage: „Soll Helmut Kohl in Beugehaft?“ veröffentlicht hatte.
Heute, beteuert Leites gegenüber der taz, würde sie sich anders entscheiden. Vor eineinhalb Jahren aber, als sie noch Vorstandssprecherin des Hamburger GAL-Landesverbandes war, habe sie nur wenig über diese Zeitung gewusst, die eines Tages angerufen und einen Kommentar erbeten hatte: „Ich habe nicht sehr lange darüber nachgedacht.“ Dass die Junge Freiheit eine rechte Zeitung ist, habe sie zwar gewusst, „aber rechts ist ja ein weiter Begriff“. Und innerhalb der GAL habe es „nie Redeverbote gegeben“.
Der jetzige 2. Vorstandssprecher Jens Kerstan findet es „unglücklich“, dass seine Amtsvorgängerin für das rechte Blatt geschrieben hat. Wäre er damals um seine Meinung gefragt worden, hätte er Leites davon abgeraten, weil man die rechte Zeitung durch eigene Artikel hoffähig mache. „Man muss sich mit Rechten auseinandersetzen und ihnen nicht als demokratisches Feigenblatt dienen.“ Konsequenzen müsste die GAL daraus jetzt aber keine ziehen. Denn die damalige Veröffentlichung sei nicht im Landesvorstand besprochen worden, weswegen es auch kein „offizieller Vorgang der GAL“ sei.
Andererseits hat auch die GAL Schill-Bausenator Mario Mettbach in den vergangenen Wochen vorgeworfen, in der Jungen Freiheit publiziert zu haben. Der Vorwurf, schränkte Kerstan nun ein, sei jedoch nicht die Veröffentlichung an sich, sondern dass Mettbach diesen Beitrag durch Falschaussagen zu dementieren versuchte. Während Kerstan die Veröffentlichung seiner Parteifreundin Leites nur „unglücklich“ findet, sei es „heikel, wenn ein Rechter in einer rechten Zeitung schreibt“. Im Falle Mettbachs würde das dessen Nähe zur rechten Szene unter Beweis stellen.
Mit ihrem Beitrag hat Leites der rechten Wochenzeitung einen Dienst erwiesen. Die klagt seit Jahren gegen die Einstufung als „rechtsextrem“ durch Verfassungsschutzbehörden – sicher mit besseren Chancen, wenn sie auf AutorInnen verweisen kann, die aus dem demokratischen Spektrum stammen. Auch der Diskussion um die Veröffentlichung Mario Mettbachs nimmt der Beitrag von Leites den Wind aus den Segeln. Vor dem Hintergrund, dass sogar eine GAL-Frau in der Zeitung geschrieben habe, feixte gestern der Junge Freiheit-Chefredakteur, sei die Aufregung um Mettbach „lächerlich“.
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