: NPD: Weitere Beweise unbrauchbar?
Befragung Schilys im Innenausschuss auf heute verschoben. NPD-Anwalt nennt Pseudonyme der V-Männer
BERLIN taz ■ Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) könnte in der Affäre um das Verbotsverfahren gegen die rechtsradikale NPD immer stärker unter Druck geraten. In einem Schreiben an den Bundestags-Innenausschuss, das der taz vorliegt, listet NPD-Anwalt Horst Mahler die angeblichen Pseudonyme der vom Verfassungschutz als so genannte V-Leute geführten NPD-Funktionäre Udo Holtmann und Wolfgang Frenz auf.
Sollten Mahlers Angaben zutreffen, dürfte der Ausgang des von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht beantragten NPD-Verbotsverfahrens noch unsicherer sein als bisher vermutet: Mit der Aufdeckung der Pseudonyme könnte nachvollzogen werden, wie oft die beiden Verfassungsschützer in den drei Klageschriften zitiert werden. Der NPD-Anwalt behauptet, die Verbotsanträge stützten sich in mindestens 25 Fällen auf die Aussagen der V-Leute.
Vermutungen, die am Dienstagabend überraschend beschlossene Verschiebung der Befragung von Schily durch den Innenausschuss könne mit dem Brief Mahlers zusammenhängen, wurden aber sogar von Politikern der Union zurückgewiesen: „Das hat nichts miteinander zu tun“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, der taz. Der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz, erklärte das Schreiben für irrelevant. Das Bundesinnenministerium wollte zu Berichten, Schily wolle das weitere Verfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorantreiben, keine Stellung nehmen.
Der Innenexperte der Grünen, Cem Özdemir, bezweifelte die Angaben Mahlers. Einige der von Mahler genannten Pseudonyme tauchten in den Verbotsanträgen gar nicht auf. Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, wegen des umstrittenen V-Mann-Einsatzes erklärter Gegner des Verbotsverfahrens, meinte, Mahlers Aussagen müssten durch ein möglichst transparentes Verfahren entkräftet werden: „Jetzt muss alles auf den Tisch.“
Wiefelspütz betonte dagegen, der Innenausschuss tue alles für eine schnelle Klärung der Vorwürfe. Deshalb seien auch die Innenminister der Länder Niedersachsen und Bayern, Heiner Bartling und Günther Beckstein, kurzfristig aufgefordert worden, an der heutigen Sitzung teilzunehmen. ANDREAS WYPUTTA
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