: CIA stellt Bush ein Bein
Der Irak war laut CIA in die Anschläge vom 11. September nicht verwickelt. Der Vorwurf, Saddam Hussein strebe nach Massenvernichtungswaffen, bleibt. CDU-Politiker warnt vor Krieg
BERLIN taz ■ Der Irak war nach Einschätzung der CIA nicht an den Anschläge vom 11. September in New York und Washington beteiligt. Wie die New York Times in ihrer gestrigen Ausgabe berichtet, ist der US-Geheimdienst zudem davon überzeugt, dass die irakische Regierung keine chemischen oder biologischen Waffen an al-Qaida oder andere terroristische Organisationen geliefert hat. Nach dem 11. September war über eine Verwicklung Iraks in die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon spekuliert worden.
Trotz der Entlastung vom Terrorvorwurf durch den US-Geheimdienst erhält die US-Regierung die Drohungen gegen den Irak aufrecht. Vor einem Kongressausschuss verteidigte Außenminister Colin Powell am Dienstag die von Präsident George Bush vorgegebene harte Linie gegen die „Achse des Bösen“, zu der Bush neben Irak auch Iran und Nordkorea zählt. Diese Politik schließe Gespräche aber nicht aus. Powells Staatssekretär für Rüstungskontrolle und Internationale Sicherheit, John Bolton, erklärte gestern, Bush habe „die Koalition gegen den Terrorismus und die Kampagne gegen Massenvernichtungswaffen verschmolzen“. Bolton warnte, die USA könnten nicht warten, bis sie mit solchen Waffen angegriffen würden.
Die israelische Regierung bat unterdessen öffentlich die US-Regierung um eine Vorwarnung für den Fall eines US-Angriffs auf den Irak. Israel brauche Zeit, um sich auf einen möglichen irakischen Vergeltungsangriff vorzubereiten, erklärte Israels Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser gestern im israelischen Rundfunk.
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers, warnte gestern vor den Konsequenzen eines Krieges gegen den Irak und kritisierte die Zurückhaltung der Bundesregierung in dieser Frage. Es sei in der Tat ein großes Problem, dass der Irak über chemische und biologische Waffen verfüge, sagte der CDU-Politiker in einem Interview mit „Spiegel Online“, „es wäre aber falsch, mit einem Angriff zu reagieren“. Als „erstaunlich“ bezeichnete Lamers das Schweigen der Bundesregierung. Wenn man uneingeschränkte Solidarität bekunde, so Lamers weiter, „dann muss man auch sagen, wo es eben nicht geht“.
Deutliche Kritik an der aktuellen Politik der USA kam gestern von Frankreichs Außenminister Hubert Védrine. „Wir werden heute von einer neuen Simplifizierung bedroht, die sämtliche Weltprobleme allein unter dem Gesichtspunkt des Kampfes gegen den Terrorismus angeht“, sagte Védrine gestern dem Sender France Inter. Diese Vereinfachung stelle vor allem mit Blick auf die Nahostkrise ein ernstes Problem dar. ERIC CHAUVISTRÉ
nachrichten SEITE 7
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