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Echte und angebliche Geheimnisse

„Wir setzen Spezialkräfte ein“, stellte Rudolf Scharping gestern vor dem Verteidigungssausschuss klar

BERLIN taz ■ Wie geheim müssen die geheimen Einsätze des „Kommandos Spezialkräfte“ der Bundeswehr bleiben? Diese Frage hat zu allerlei absurden Situationen geführt, seit am vergangenen Sonntag der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses den Einsatz des KSK in Afghanistan offiziell bestätigt hat. Diverse Oppositionspolitiker warfen Verteidigungsminister Rudolf Scharping vor, sie über die laufenden KSK-Operationen im Dunklen gelassen zu haben. Dieser strampelt seitdem heftig gegen den Vorwurf an, die Opposition strampelt dagegen. Dabei verdeckt die zunehmende Verwirrung der letzten Tage das durchaus ernste Problem, wie viel die Öffentlichkeit von den bewaffneten Militäreinsätzen der deutschen Armee wissen darf.

Noch am Dienstag wurde dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, dem SPD-Abgeordneten Helmut Wieczorek, von seinem Fraktionsvize Gernot Erler angeblich der Kopf gewaschen, schließlich hatte er mit seinem Interview so etwas wie Geheimnisverrat begangen. Am gestrigen Mittwoch wurde das anfängliche Geheimnis dann vom Verteidigungsminister in aller Öffentlichkeit dargelegt. Rudolf Scharping erschien erst vor dem Verteidigungsausschuss und dann vor die Presse, um persönlich zu verkünden: „Wir setzen Spezialkräfte ein.“ Für den Fall, dass es im KSK Opfer geben wird, sagte Scharping sogar zu, die Öffentlichkeit davon zu informieren: „Wenn es in diesem Bereich etwas zu berichten gäbe – es gibt aber nichts zu berichten –, dann würde das sicher geschehen.

Dem Ausschuss legte er eine Datumsliste vor wie zuletzt bei seiner Affäre um angebliche Privatflüge mit der Luftwaffe. Diesmal sollte die Liste dokumentieren, wie oft er oder sein Staatssekretär den Ausschuss über den Einsatz des KSK informiert hatte. Insbesondere am 23. Januar habe er nicht nur im kleinen Kreis der so genannten Obleute der Fraktionen, sondern vor dem gesamten Ausschuss berichtet, dass das KSK sich bereits im Einsatz befinde.

„Ich bleibe dabei: Diese Information ist dem Verteidigungsausschuss nicht gegeben worden“, konterte der CDU-Abgeordnete Paul Breuer. Sein FDP-Kollege Günther Nolting teilte die Meinung. Den Widerspruch zu Scharping erklärte er damit, dass Scharping am 23. Januar nur mitgeteilt habe, die Einheiten „werden ins Einsatzgebiet verlegt“. Vom Einsatz sei nicht die Rede gewesen.

Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses hatte am Sonntag zur Verwirrung beigetragen, indem er von 200 beteiligten Soldaten sprach. Dies wäre ein glatter Verstoß gegen den Bundestagsbeschluss gewesen, in dem nur bis zu 100 der Elitesoldaten gestattet sind. Gestern nun korrigierte sich Wieczorek. Er hatte die Zahl der KSKler mit den ABC-Abwehr-Einheiten verwechselt, die in Kuwait an einem Manöver teilnehmen. PATRIK SCHWARZ

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