Wirtschaft setzt Schulen unter Druck

■ Handelskammer fordert Einsparungen im Bildungsbereich

Die Hamburger Handelskammer will es sich nicht nehmen lassen, in Punkto Schulpolitik den Ton anzugeben. Es sei Lehrern „durchaus zuzumuten“, die Unterrichtsverpflichtung um eine Stunde heraufzusetzen, heißt es in einer Erklärung. In Zeiten einer „dramatisch knappen Haushaltslage“ müssten alle einen Beitrag zur Haushaltssanierung leisten.

Wie berichtet, kursiert zur Zeit ein Grusel-Katalog, der in einem Gespräch zwischen Bürgermeister, Finanzsenator und Schulsenator erörtert wurde. Demnach erwägt die Finanzbehörde – die für die Jahre 2003 und 2004 Einsparungen von 75 Millionen Euro auf den Weg bringen muss – die Arbeitszeit für Lehrer um eine Stunde zu erhöhen, die Klassenfrequenz um einen Schüler aufzustocken und das Einstiegsgehalt für Lehrer zu senken.

Schulsenator Rudolf Lange hat gegenüber der NDR Hamburg Welle betont, es gebe keine Sparvorgabe für 2003: „Die würde ich mir auch verbitten.“ Zwar habe der Finanzsenator „Vorschläge gemacht, die man prüfen müsse. Das bedeutet aber nicht, dass sie realisiert werden.“

Der schulpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Wolfgang Drews, hingegen hatte gegenüber der Welt bestätigt, man denke darüber nach, „die Sollstärken der Klassen in einigen Schulformen um einen Schüler pro Klasse hi-nauf zu setzen“.

Dies hält die Handelskammer indes für „nicht nötig“. „Stattdessen sollte eine Expertenkommission das Feld der Lehrerarbeit in Augenschein nehmen und Sparvorschläge machen“, sagt der Kammer-Bildungsexperte Hubert Grimm. Nach seinen Berechnungen betrage die Schüler-Lehrer-Relation in Hamburg rein rechnerisch 1 zu 14, tatsächlich aber 1 zu 26. Grimm sagt: „Viele Lehrer bewegen sich in unterrichtsfernen Aktivitäten und offenbar nicht an der Schülerfront.“

GEW-Chefin Anna Ammonn bezeichnet die Stellungnahmne der Handelskammer als „ausgesprochen dreist“. Ignoriere sie doch, dass Hamburgs Lehrer sich bereits in hohem Maße an Einsparungen beteiligt haben. So wurde 1995 schon einmal die Pflichtstundenzahl erhöht, auch wurden Entlas-tungsstunden im Umfang von 300 Stellen gestrichen. Ammonn: „An manchen Schulen unterrichten Lehrer heute fünf Stunden mehr als vor fünf Jahren.“ Kaija Kutter