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Zwischen Rock und Elektronika

■ Doxa-Labelnacht mit „Moonbuggy“ und „Pitchtuner“

They call it Indietronics. Sie nennen was wie? Die Rede soll hier sein von einem Phänomen, das sich im Lauf der späten 90er ausbreitete, ohne die Sichtbarkeit einer homogenen Szene zu erlangen. Immer häufiger erzählten Leute, die früher vom Habitus her umstandslos als Indie-Rocker einsortiert worden wären, von Musikprogrammen, die auf ihren Computern liefen und auf denen sie jetzt an elektronischen Tracks arbeiteten. Leute, die zwar bestimmt irgendwann mal ein Erweckungserlebnis in einem Club hatten, deren Musikhörmodus aber weiterhin mehr auf die heimische Stereoanlage als auf den Dancefloor ausgerichtet war. Und das spiegelte sich auch im Sozialen wider: Wir reden hier nicht von hedonistischen Partykönigen, sondern eher von Eigenbrödlern, Slackern, Nerds.

Das Plattenlabel Doxa Records aus Dresden ist in gewisser Weise ein untypisches Indietronics-Label, denn es begann seine Arbeit als Booking-Agentur für gewöhnliche Indie-Rockbands. Und doch ist es genau deshalb auch ein ausgesprochen typisches Indietronics-Label, weil es in seiner eigenen Geschichte die Entstehung des Genres mit sich trägt. Das Besondere an Doxa ist die ausdrückliche Internationalität des Labelprogramms – mit Ming und Yuppie Flu kommen zwei seiner besten Bands aus Belgien und Italien. Und auf der Homepage der Dresdner prangt das seltsame Wort „popsichtig“, das sich erst durch die englische Übersetzung „in view of pop“ erschließt: Die Suche nach Musik mit Pop-Appeal soll hier Programm sein.

Die beiden Bands, die als Doxa-Repräsentanten heute Abend in der Tanzhalle gastieren, erfüllen diese Vorgabe unterschiedlich gut. Moonbuggy aus Hamburg stehen für die Mouse On Mars-Richtung der Indietronics: immer etwas zu verspielt oder albern, um wirkliche Hits zu haben oder in „richtigen“ Clubs laufen zu können. Sie bemühen sich in ihren Klängen um Funkyness und Glamour, doch eine gewisse Stubenhocker-Aura verlieren sie nie.

Pitchtuner kommen aus Dresden, auch wenn die Musikerin Miki Yoshimura aus Osaka stammt und Johannes Marx aus Stuttgart. Marx war früher bei der Indie-Rockband Planet 9 – das hört man bei Pitchtuner nicht nur an gelegentlichen Gitarrensounds. In ihren besten Momenten folgen die Dresdner eher der Richtung von Console nach: genug Pop-Appeal, um gleichzeitig ein Hit in der Indie-Disco und im Club sein zu wollen. Da ist zwar die etwas nölige Gesangsstimme vor, aber dafür versprechen sie, live zu rocken. Und das lockt ja vielleicht manche Indietroniker richtig aus der Reserve. Felix Bayer

heute, 21.30 Uhr, Tanzhalle

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