: Zwischen Genuss und Reue
Edle Tropfen im Depot: In Sachen Rendite sind Weinfonds noch immer ein unbeschriebenes Blatt. Am Ende der Laufzeit muss sich dann jeder die Gewissensfrage stellen: Verkaufen oder selber saufen?
Spricht man einen Privatanleger darauf an, wie seine Aktien stehen, bekommt man meist ein grimmiges „schlecht“ zu hören. Auch die eigentlich risikoarmen Fonds haben seit einiger Zeit keine Gewinne mehr verzeichnet. Vorbei sind die Zeiten in denen waghalsig „gezockt“ wurde und Aktien ein beliebtes Thema waren. Aktien sind out? Nein, es gibt eine Ausnahme: Weinfonds. Die sind zwar ein noch unbeschriebenes Blatt in Sachen Rendite, aber ein guter Tropfen verliert selten an Wert. Und: Ein Mouton Rothschild im Depot kommt eben beim Small Talk besser an als eine Telekom-Aktie.
Bisher gibt es in Deutschland Weinfonds nur von der Hypovereinsbank-Tochter Blue Capital. Der Vinum 2001 wird seit November 2001 angeboten und ist der dritte Weinfonds, den die Bank auflegt. Die Idee ist, rote Bordeaux-Weine direkt bei den Chateaux in Südfrankreich durch einen Weinfachmann einzukaufen. Dort werden die Weine in Fässern gelagert und nach der Abfüllung in Flaschen an ein Lager in Norddeutschland geliefert. Von dort wandern die Weine dann nach Ablauf der Laufzeit im Jahr 2008 in die Keller der Anleger. Der Anleger hat dann die Qual der Wahl: Er kann den Wein behalten oder mit Hilfe von Blue Capital auf Auktionen versteigern. Dort fahren Spitzenweine oft beträchtliche Gewinne ein. Beispielsweise kann ein 1990er Chateau Pétrus, der vormals 300 Mark kostete, heute auf Weinauktionen 1.000 Euro und mehr einbringen.
Aber wie findet man Weine, die eine gute Rendite versprechen? „Sicher ist gar nichts bei einem Weinfonds“, gibt die Fondsmanagerin Grit Gräwe zu. Sie lässt sich beim Gewinnzuwachs nicht festlegen, sondern spricht lediglich von einer sehr hohen Gewinn-Wahrscheinlichkeit – und die garantiere der Fonds durch seine Auswahlinstrumente. Die Vinum-2001-Weine werden nämlich nicht nur durch den Hamburger Sommelier Hendrik Thoma ausgewählt, sondern auch über Parker-Punkte.
Der amerikanische Weinkritiker Robert M. Parker vergibt bis zu 100 Punkte für Weine. Er gilt als Guru der Weinwelt. Die Tropfen, die er mit mehr als 85 Punkten bewertet, zählen zu den Spitzenweinen. Er schätzt schwere, tanninhaltige Weine und ist wegen dieser geschmacklichen Einheitlichkeit nicht unumstritten. Vor allem Amerikaner und Japaner orientieren sich an seiner Nase. „Das treibt die Preise in die Höhe und sichert hohe Wertzuwächse“, so die Fondsmanagerin Gräwe. 95 Prozent der Vinum-Weine müssen mindestens 85 Parker-Punkte aufweisen. So findet der Anleger gewaltige Weine wie „Mouton-Rothschild“ und „Margaux“ in seinem Depot.
Der Vinum 2001 setzt sich hauptsächlich aus den Jahrgängen 2000 und 2001 zusammen. Bei so jungen Weinen weist nur die Qualität der Traube auf seine spätere Entwicklung. Weinkenner testen daher bereits im Herbst nach der ersten Gärung den Saft der Trauben. „Supernase“ Guy Robert, der die Weine für den Vinum 2000 zusammenstellte, hält den Jahrgang 2001 für sehr gut. Der Merlot ist seiner Meinung nach sogar der Beste der letzten 50 Jahre.
Wem die Investition in junge Weine zu riskant ist, der kann sein Geld in Weinraritäten anlegen. Bei den Weinfonds von Paulson Rare Wine investiert man nicht in einen Fonds, sondern beteiligt sich als Kommanditist an der GmbH & Co. KG. Bei Weinraritäten sei der Werteverlust aufgrund der historischen Entwicklung äußerst unwahrscheinlich, wirb Geschäftsleiter Jan-Erik Paulson, während sich junge Weine immer erst noch beweisen müssten. Auf seiner Internet-Seite verspricht er eine Rendite von bis zu 176 Prozent auf zehn Jahre – je nach eingesetztem Kapital.
Die Verbindung von Wein und Geld lässt allerdings auch so manchen die Weinnase rümpfen. Denn nicht nur Parker wird auf Grund seiner Macht über europäische Weine oft abgelehnt. Auch mit dem Lebenselexier Wein auf Auktionen hohe Preise zu erzielen, widerstrebt vielen Weinfreunden. Sie trinken die guten Tropfen dann lieber selber. Rendite: null. Genuss: unbezahlbar. KATHRIN BURGER
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