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Letztes Geleit für Railtrack

Britische Regierung entschädigt die rund 250.000 Aktionäre jetzt doch für das bankrotte Bahnunternehmen – mit 300 Millionen Pfund. Railtrack wird zu öffentlicher Stiftung

DUBLIN taz ■ Es war ein politisches Wendemanöver, das niemand erwartet hatte. Die britische Regierung will dem bankrotten Unternehmen Railtrack, das bis zum Konkurs im Oktober für das rund 37.000 Kilometer lange Schienennetz, die Signalanlagen und die 2.500 Bahnhöfe zuständig war, nun doch 300 Millionen Pfund zahlen, damit die Aktionäre entschädigt werden können. Danach soll Railtrack in eine öffentliche Stiftung übergehen, bei der „eine breite Palette interessierter Kreise“ das Sagen haben soll: Vertreter der privaten Eisenbahngesellschaften, der Gewerkschaften, der Passagierorganistionen und der Behindertenverbände. Network Rail, wie die neue Firma heißt, wird keine Dividenden auszahlen, sondern die Profite in die Verbesserung der Infrastruktur investieren.

Das ist auch bitter nötig. Die konservativen Tories hatten British Rail noch kurz vor den Wahlen 1997 privatisiert. Inzwischen ist das Schienennetz so heruntergekommen, dass in den nächsten zehn Jahren mindestens 33 Milliarden Pfund investiert werden müssen. Railtrack hat nur die notdürftigsten Reparaturen durchgeführt, zu denen das Unternehmen gezwungen war, nachdem es auf Grund maroder Schienen 1999 und 2000 zu zwei Unfällen gekommen war. Damals starben 35 Menschen. Ziel von Railtrack war es, möglichst viel Profit herauszuholen und den Aktionären großzügige Dividenden zu zahlen. Man häufte 4,5 Milliarden Pfund Schulden an, die Network Rail jetzt übernehmen muss. Railtrack forderte immer höhere Zuschüsse von der Regierung, um den Schuldendienst zu finanzieren. Zum Schluss wollte man noch einmal zusätzlich 1,7 Milliarden Pfund haben. Da zog Transportminister Stephen Byers im vergangenen Oktober die Notbremse. Bei Railtrack hatte niemand damit gerechnet, dass die Regierung die Subventionen einstellen würde, am nächsten Tag wurde es unter Konkursverwaltung gestellt. Byers sagte damals, dass keine öffentlichen Gelder zur Entschädigung der Aktionäre bereitgestellt würden.

Nun gibt er ihnen 300 Millionen Pfund. Mit dem Geld aus der Konkursmasse kommen 1,3 Milliarden Pfund zusammen, so dass die 250.000 Aktionäre mit 2,50 Pfund pro Aktie rechnen können – immerhin 90 Prozent des Wertes, den sie am Tag vor dem Bankrott hatten, aber weit unter den 3,80 Pfund Kaufpreis oder dem Höchststand von 17 Pfund.

Byers Wende ist eine Kapitulation vor dem Londoner Finanzkapital. Die Bankiers warnten Labour, dass die Regierung künftig bei staatlichen Projekten, die auch durch Privatinvestitionen finanziert werden sollen, nicht mehr auf ihre Unterstützung zählen könne, wenn die Railtrack-Aktionäre leer ausgingen. Die Tories kritisierten Byers denn dafür, dass er das Vertrauen der Privatwirtschaft verspielt habe. Von den eigenen Hinterbänklern wurde Byers dagegen gerügt, dass er Railtrack trotz gegenteiliger Versprechungen Steuergelder in den Rachen werfe. „Diese Wende wird er erklären müssen“, sagte der Labour-Abgeordnete Brian Donohoe.

Byers behauptet dagegen, der Deal bringe Ersparnisse, weil Railtrack dadurch früher als erwartet aus der Zwangsverwaltung entlassen werden könne. Die kostet die Regierung täglich eine Million Pfund. Ob das Geschäft jedoch schon im Juli, wie Byers hofft, unter Dach und Fach ist, bezweifeln Experten. Ian McAllister, der Aufsichtsratsvorsitzende von Network Rail, kündigte „spürbare Verbesserungen binnen weniger Monate“ an. Innerhalb von drei bis fünf Jahren könne es die britische Eisenbahn mit den besten der Welt aufnehmen, sagte McAllister. Ähnliche Versprechungen hatte auch Railtrack nach der Privatisierung gemacht. RALF SOTSCHECK

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