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Union mit Teilsieg

Bundesverfassungsgericht stärkt Minderheitenrechte in Untersuchungs-ausschüssen. Unklar, ob Finanzminister Eichel noch vernommen wird

aus Karlsruhe CHRISTIAN RATH

Schröder und Däubler-Gmelin blieben zu Recht verschont, aber Eichel hätte kommen müssen. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts unter Jutta Limbach bestätigte gestern, dass die rot-grüne Mehrheit die Rechte der CDU/CSU im Spenden-Ausschuss des Bundestages zumindest teilweise verletzt hat. Von dauerhafter Bedeutung sind aber eher die grundsätzlichen Vorgaben für die Arbeit von Untersuchungsausschüssen.

Konkret hatte die Union gegen einen Beschluss des Ausschusses zur Untersuchung der Spendenaffären geklagt. Dort setzte die rot-grüne Mehrheit im letzten November durch, dass die Zeugenvernahme eingestellt und mit der Vorbereitung des Abschlussberichts begonnen wird. Eigentlich sollten insgesamt 252 Zeugen gehört werden, geschafft hatte man bis dahin aber erst 104 Anhörungen. Nicht mehr eingeladen wurden so Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD).

Unter anderem wurde deshalb Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) erst gar nicht auf die Zeugenliste gesetzt. Die rot-grüne Mehrheit fühlte sich im Recht, weil sie den Untersuchungsausschuss ursprünglich selbst beantragt hatte und damit vor allem CDU-Affären aufarbeiten wollte. „Der Ausschuss darf sicherstellen, dass er sich bei der Arbeit nicht verzettelt“, hatte Staatsrechtler Martin Morlok als Vertreter der Mehrheit argumentiert.

Doch diesen Ansatz lehnte Karlsruhe nun ab. Auch in einem Ausschuss, den die Mehrheit beantragt hatte („Mehrheits-Enquete“), gilt der volle Minderheitenschutz. „Sonst müsste die Minderheit, damit sie die vollen Rechte genießen kann, stets zum gleichen Thema einen eigenen Untersuchungsausschuss beantragen“, sagte Limbach bei der Urteilsbegründung, „und alle Zeugen müssten doppelt vernommen werden.“ Das widerspräche der „Funktionsfähigkeit der parlamentarischen Arbeit“.

Für die Zukunft heißt das nun: Auch in der Mehrheits-Enquete dürfen die Anträge der Minderheit nur abgelehnt werden, wenn sie „sachwidrig oder offensichtlich missbräuchlich“ sind. Außerdem ist die Ablehnung zu begründen, so dass sie gerichtlich zumindest auf ihre Nachvollziehbarkeit überprüft werden kann. Können aus Zeitnot nicht mehr alle beschlossenen Zeugen vernommen werden, so ist sicherzustellen, dass die Minderheit im Restprogramm „angemessen“ berücksichtigt wird.

Bei den nicht mehr gehörten Zeugen wurden nun immerhin acht von neun Rügen der Union zurückgewiesen. So habe man etwa auf die Ladung von Kanzler Schröder verzichten dürfen, weil er laut Beschluss nur zum Verkauf von Eisenbahnerwohnungen aussagen sollte und nicht zu dem eigentlich spannenderen Leuna-Komplex. Dies hatte die Union schlicht vergessen formgerecht zu beantragen.

Freuen durfte sich die Union aber, dass Karlsruhe ihr bei vier von fünf abgelehnten Beweisanträgen Recht gab. Ungenügend war etwa der Hinweis, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) habe die Finanzierung des SPD-eigenen Willy-Brandt-Hauses bereits geprüft. Hier könne ein Untersuchungsausschuss durchaus weiterforschen, meinte das Gericht. Zu Recht waren nur Unions-Vorwürfe gegen Däubler-Gmelin von der Mehrheit als „nicht substantiiert“ abgelehnt worden. Dabei ging es um die verspätete Meldung einer Parteispende der Justizministerin, die aber einleuchtend erklärt werden konnte.

Was aber passiert jetzt im Ausschuss? Karlsruhe stellte klar, dass die unterlassenen Beweiserhebungen zu den SPD-Finanzen nicht unbedingt nachgeholt werden müssen. Vielmehr hat der Ausschuss unter Beachtung der Minderheitsrechte, aber auch der knappen noch verbliebenen Zeit neu zu entscheiden. Mit Blick auf die inzwischen auch im Ausschuss behandelten SPD-Skandale aus NRW erlaubte es das Gericht sogar, ganz neue „Prioritäten“ zu setzen. „Wir sind zu Sondersitzungen bereit“, zeigte sich CDU-Obmann Andreas Schmidt nach der Urteilsverkündung engagiert. Doch sein SPD-Pendant Frank Hoffmann konterte: „Wenn die Union auf ihren Zeugen besteht, dann werden wir auf die 140 Zeugen verweisen, auf die wir verzichtet haben.“ Es ist also durchaus offen, ob Hans Eichel noch in den Untersuchungsausschuss muss.

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