: Rote Karte steckt noch
EU-Parlamentarier sind sich uneins über mögliche Sanktionen gegen Israel. Javier Solana: Die Politik der kleinen Schritte ist gescheitert
BRÜSSEL taz ■ Bei den meisten Abgeordneten des Europäischen Parlaments hatten sich die neuen Nahost-Vorschläge des deutschen Außenministers gestern noch nicht herumgesprochen. Die Fraktionen waren vielmehr damit beschäftigt, ihre eigenen Empfehlungen für das EU-Außenministertreffen am kommenden Montag vorzulegen. Noch am späten Nachmittag wurde an einem Resolutionsentwurf gefeilt, der die unterschiedlichen Positionen in einer gemeinsamen Parlamentserklärung zur Deckung bringen sollte. Während Grüne und Sozialdemokraten das Assoziierungsabkommen mit Israel sofort aussetzen wollen, was Einfuhrzölle auf israelische Waren bedeutet, fordern die Liberalen lediglich ein Waffenembargo für die Konfliktparteien. Sie kritisieren die schwache und uneinheitliche Reaktion der europäischen Staats- und Regierungschefs und verlangen eine internationale Friedenskonferenz unter Beteiligung der EU, der USA, Russlands und der Arabischen Liga.
Elmar Brok, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, ist sich mit seiner konservativen Fraktion darin einig, die Bemühungen der nächsten Tage abzuwarten, bevor über Sanktionen nachgedacht wird. „Ich halte es für kontraproduktiv, gerade jetzt mit Sanktionen zu drohen, wo der amerikanische Außenminister einfliegt. Das Quartett sollte zunächst Aufbauhilfen für Palästina und Sicherheitsgarantien für Israel anbieten. Wenn das alles nichts fruchtet, können wir den Hammer rausziehen. Wir sind nicht bereit, die einseitige Schuldzuweisung der anderen Fraktionen an Israel mitzutragen.“
In seiner Rede vor dem Europaparlament in Straßburg stellte der außenpolitische Vertreter der EU gestern fest, dass nur eine Gesamtlösung das Sterben beenden könne. Ähnlich wie der deutsche Außenminister glaubt auch Javier Solana, dass die Politik der kleinen Schritte von einem Waffenstillstand zum nächsten gescheitert sei. Die Israelis müssten sich aus den besetzten Gebieten zurückziehen. Zwei unabhängige Staaten mit sicheren Grenzen müssten geschaffen werden. Fischers „Ideenpapier“, so eine Sprecherin Solanas, sei ein Projekt für übermorgen. Zunächst müsse die Gewalt in der Region beendet werden. Über Fischers Vorschlag, zwei Staaten mit sicheren Grenzen zu schaffen, gebe es innerhalb der EU einen breiten Konsens. Natürlich seien zusätzliche Ideen immer willkommen.
Die EU-Außenminister werden am nächsten Montag entscheiden müssen, ob sie Israel innerhalb des bestehenden Assoziierungsabkommens die rote Karte zeigen und Einfuhrzölle nur auf Produkte aus den besetzten Gebieten erheben oder ob sie das Abkommen insgesamt aussetzen. Bislang waren Sanktionen gegen Israel stets am deutschen Veto gescheitert. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat vorgeschlagen, das für Dezember geplante Außenministertreffen zwischen EU und Israel vorzuziehen. Der amtierende Ratsvorsitzende, Spaniens Außenminister Piqué, hat sich diesem Vorschlag gestern angeschlossen. DANIELA WEINGÄRTNER
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