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„Die Wut ist berechtigt“

PDS-Fraktionschef Harald Wolf rechtfertigt die Risikoabschirmung bei der Bankgesellschaft. Es habe keine Alternative gegeben. Senat muss Gewerkschaften Vorschläge für den Solidarpakt unterbreiten

Die PDS wird dafür sorgen, dass die Zeit des Größenwahns bei der Bank vorbei ist

Interview STEFAN ALBERTI und RICHARD ROTHER

taz: Herr Wolf, staatliche Milliarden in einen privaten Bankenkonzern stecken, ist das die neue Politik der PDS? Der Risikoabschirmung hätten Sie als Opposition doch niemals zugestimmt.

Harald Wolf: Es ist nicht richtig, dass wir der Risikoabschirmung als Opposition nicht zugestimmt hätten. Wir hätten auch als Opposition die Alternativen klären müssen. Die Alternativen im April 2002 wären wesentlich nachteiliger für den Steuerzahler geworden als die Risikoabschirmung. Eine Insolvenz der Bank hätte uns 30 bis 40 Milliarden Euro gekostet, das wären 1,5 bis 2 Milliarden Euro jährliche Zinslasten für den Haushalt gewesen. Bei der jetzigen Lösung kommen wir mit 300 Millionen Euro aus – die Zahl ist schlimm genug, aber die andere wäre noch schlimmer. Die Oppositionsparteien haben zwar unser Gesetz nicht mitgetragen, in der Grundfrage der Risikoabschirmung aber die gleiche Position vertreten.

Sie hätten doch nicht als Opposition die verfehlte Bankenpolitik der Vergangenheit gerechtfertigt.

Das ist doch keine Billigung der Politik der Vergangenheit. Die Risikoabschirmung wird nicht der Schlussstrich unter die Bankenaffäre sein. Wir werden die Verantwortlichkeiten für die fatale Haftungskette, die zum Schaden der Stadt aufgebaut worden ist, aufklären. Auch wenn wir dabei auf Sozialdemokraten stoßen.

Wie können Sie ihrer Basis überhaupt vermitteln, dass Sie nun Verluste sozialisieren, während die Bank jahrelang Gewinne privatisiert hat?

Ich lege meine Beweggründe offen. Allerdings ist die Wut über die Fehler der Vergangenheit an der Basis riesig, und sie ist völlig berechtigt. Aber wir hatten jetzt keine Alternative: Es wäre ja nicht nur um den Konkurs der Bank gegangen, sondern die Bank ist ja auch einer der größten Kreditgeber in der Stadt – angefangen bei den Wohnungsbaugesellschaften bis hin zu vielen kleinen und mittleren Unternehmen. Da hätte es eine Reihe von Anschlusskonkursen gegeben.

Wie geht es weiter mit Bank? Ist die Zeit des Größenwahns vorbei?

Dei PDS wird dafür stehen, dass dies der Fall ist. Ob das schon bei allen Köpfen in der Stadt angekomemn ist, wag ich zu bezweifeln. Es ist ja immer schwer, sich von Lebenslügen zu verabschieden. Wir müssen uns jetzt schnell von unseren Anteilen trennen, weil die Bank ja trotz Risikoabschirmung noch nicht über den Berg ist. Ein neuer Erwerber muss dann auch die künftigen Risiken übernehmen, nicht mehr der Berliner Steuerzahler. Zudem wird die Bank nur mit einem neuen Eigentümer und frischem Wind wieder auf den Kapitalmärkten Fuß fassen können.

Aber Berlin würde mit einem erheblichen Verlust aus der Bank gehen. Das Geld, was bisher in den Konzern gesteckt wurde und in den nächsten 30 Jahren noch reingebuttert werden muss, können Sie doch nie und nimmer beim Verkauf hereinholen.

Leider. Die Bankgesellschaft ist unbestritten ein Verlustgeschäft für Berlin. Es geht jetzt nur noch um die Minimierung der Verluste und die Abwendung künftiger Risiken. Die Verkaufsverhandlung wird schwierig: Je höher die zu übernehmenden Risiken sein werden, umso weniger wird ein Investor zahlen wollen – und umgekehrt.

Bis wann rechnen Sie mit einer Verkaufsentscheidung?

Die könnte noch in diesem Jahr fallen, bis zur Sommerpause wollen wir entscheiden, mit welchem Investor verhandelt wird.

Sie fordern personelle Konsequenzen. Wer soll gehen?

Der Vorstand ist ja schon zu einem großen Teil ausgewechselt worden. Aber auch auf der Managementebene darunter wird sich einiges tun müssen. Bei einem Institut, das zehn Jahre mit dieser Firmenphilosophie –wenn man das überhaupt so nennen kann – geführt wurde, muss sich auch weiter unten etwas ändern. Jetzt kann es ja nicht mehr darum gehen, neue Immobilienfonds aufzulegen, sondern die alten vernünftig abzuarbeiten. Dafür braucht man neue Leute.

In den nächsten Monaten werden wir Wahlplakate sehen, in denen sich die PDS als soziale Partei darstellen wird. Sie gehören jetzt einem Senat an, der es in der nächsten Woche mit Kita-Streiks zu tun bekommt. Wie passt das zusammen?

Der Warnstreik in den Kitas bezieht sich auf die Vorgabe in der Koalitionseinbarung, dass der Personalschlüssel in den Kitas angepasst wird an den, der in den Schulhorten im Osten schon lange existiert. Das ist keine Verbesserung, aber angesichts der Rahmenbedingungen in der Stadt noch vertretbar. Eigentlich ist die Stadt ja schon nicht mehr handlungsfähig. Ein Teil der Problem ist hausgemacht, aber es hat auch etwas mit den bundespolitischen Rahmenbedingungen zu tun. Die sind eben unzureichend, so dass wir das im Wahlkampf thematisieren werden. Berlin hatte allein durch die Steuerreform Einnahmeeinbußen hinzunehmen.

Auf der Landesebene ist das Verhältnis zwischen rot-roter Koalition und den Gewerkschaften sehr angespannt.

Das ist richtig, und hier sind von Seiten des Senats erhebliche Fehler gemacht worden. In der Kommunikation mit den Gewerkschaften sind einige davon ausgegangen, dass man die Gewerkschaften am ehesten an den Verhandlungstisch kriegt, wenn man eine massive Drohkulisse aufbaut. Das führt zwangsläufig zu Gegenreaktion. Bis heute liegt kein klares Verhandlungsangebot des Senats an die Gewerkschaften auf dem Tisch, statt dessen werden Einzelvorschläge wie die zehnprozentige Lohnkürzung gemacht.

Hat Finanzsenator Thilo Sarrazin damit einen Fehler gemacht?

Es macht keinen Sinn, unabgestimmte Einzelvorschläge zu machen. Der öffentliche Arbeitgeber muss einen Gesamtvorschlag machen, was, wie und wann beim Solidarpakt verhandelt werden soll.

Sie sprechen vom Senat wie von einem unbekannten Wesen. Die PDS ist Teil der Koalition.

Ich bin Fraktionsvorsitzender und habe die Aufgabe, den Senat, wenn es angebracht ist, zu kritisieren. Hier sind Fehler gemacht worden, und der Senat steht jetzt in der Bringpflicht, das Gesprächsklima mit den Gewerkschaften auf eine andere grundlage zu stellen.

Bis wann soll der Senat seine Vorschläge vorlegen? Und was kann er den Gewerkschaften als Gegenleistung anbieten?

Das muss noch vor der Sommerpause geschehen. Grundsätzlich muss es um die Umverteilung von Arbeit und Einkommen gehen, das heißt mehr Freizeit gegen den Verzicht auf Einkommensbestandteile. Wir brauchen einen neuen Anlauf in der Verwaltungsreform. Man kann nur Personal abbauen, wenn man auch die Aufgaben der Verwaltung neu definiert. Wir brauchen aber auch einen Einstellungskorridor, weil der öffentliche Dienst sonst überaltert.

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