piwik no script img

„Das Erste ist der Patientenwille“

■ Eine Patientenverfügung sollten alle haben, die nicht auf das Gutdünken der Ärzte angewiesen sein wollen

Walter K.s Familie pflegte den Krebskranken schon jahrelang. Bereits bevor seine Krankheit ihn ins Krankenhaus zwang, hatte er sich mit Andrea Schuller vom Hospizverein Bremen e.V. und auch mit seinem Hausarzt beraten. Schließlich unterzeichneten er und zwei Zeugen eine Patientenverfügung. Eines Tages ging es Walter K. rapide schlechter, er verlor das Bewusstsein und kam ins Krankenhaus. Seine zwei Zeugen legten die Patientenverfügung vor, worauf hin die Ärzte sich mit ihnen berieten und gegen lebensverlängernde Maßnahmen entschieden. Sie sorgten nur noch dafür, dass er keine Schmerzen hatte. Damit entsprachen sie Walter K.s Willen. Er starb am nächsten Tag friedlich und ohne noch einmal zu Bewusstsein gekommen zu sein.

Eine solche Patientenverfügung kann man auch bei RechtsanwältInnen oder Notaren erstellen lassen und hinterlegen. Auf diese Weise sollte der eigene Wille in der Grauzone zwischen der Verpflichtung der Ärzte, Leben zu retten, und dem Wunsch nach einem würdigen Tod am besten zur Geltung kommen. Die Frage nach dem mutmaßlichen PatientInnenwillen aber ist eine verzwickte Angelegenheit, wenn sich Betroffene nicht mehr selbst äußern können. Dafür ist eine solche Verfügung gedacht.

Ärzte sind nach dem Hypokratischen Eid verpflichtet zu helfen. Aber: „Das Erste ist der Patientenwille“, sagt Gerd Wenzel, Hauptgeschäftsführer der Bremer Ärztekammer. „Bei einer Patientenverfügung ist es auch wichtig, dass die Willensbekundung nicht zu lange her ist“, erklärt Wenzel. „Wenn eine Erklärung 20 Jahre alt ist, wird sie kaum Beachtung finden können.“

Darauf achtet auch der Hospizverein. Er fragt spätestens alle zwei Jahre nach, ob Betroffene ihre Verfügung aufrecht erhalten wollen. Andrea Schuller berichtet aus ihrer fast zwölf jährigen Erfahrung in der Lebens- und Sterbebegleitung, dass viele ÄrztInnen froh seien, wenn sie nicht alleine die Entscheidung über die weitere Behandlung eines sterbenden Patienten treffen müssten. Sie weist darauf hin, dass es für Ärzte hilfreich sei, wenn in der Patientenverfügung so genau wie möglich stehe, welche Behandlungsformen der Betroffene wünscht und welche nicht mehr. Im Vordruck des Hospizvereins sind etwa Beatmung, Bluttransfusion oder Wiederbelebung genannt. Eine solche Verfügung bedeute aber nicht, dass man gar keine Behandlung mehr bekomme. Schmerzmittel würden gegeben, so Schuller. „Es geht darum, in Würde zu sterben und dazu gehört auch, keine Schmerzen leiden zu müssen“, sagt die Sterbebegleiterin.

Ulrike Bendrat

Informationen und Vordrucke zur PatientInnenverfügung beim Hospizverein Bremen, Tel.: 409 28 28, bei der Unabhängigen Patientenberatung, Tel.: 347 737 4, bei der Ärztekammer Bremen Tel.: 3404 200, bei den Kirchen sowie Rechtsanwälten Tel.: und Notaren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen