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Massenhaltung – nein, danke

Warnstreik legt über 500 städtische Kitas lahm. Tausende ErzieherInnen und Eltern demonstrieren gegen Pläne, mehr Kinder in eine Gruppe zu stecken, und fordern Tarifvertrag. Körting bleibt hart

von SABINE AM ORDE

Kita-ErzieherInnen und junge Eltern sind Frühaufsteher, ob sie wollen oder nicht. Wenn andere noch selig schlummern, kümmern sie sich bereits um den Nachwuchs. Gestern taten Eltern und ErzieherInnen das auf eine eher ungewöhnliche Art: Ab sechs Uhr morgens demonstrierten sie gegen die Sparpläne des rot-roten Senats bei den Kindertagesstätten. Mit einem dreistündigen Warnstreik, zu dem die Gewerkschaften Ver.di und GEW aufgerufen hatten, legten die ErzieherInnen rund 550 städtische Kitas lahm. Bei einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus forderten tausende eine Rücknahme der Sparpläne und einen neuen Tarifvertrag. Die Veranstalter sprachen von 9.500 Teilnehmern, die Polizei schätzte 4.000 bis 5.000.

Zuvor waren die Demonstranten in einem Sternmarsch durch die Innenstadt gezogen. Auf Transparenten hieß es „Massenkinderhaltung – nein, danke!“, „Wahlversprechen schon vergessen?“ und in Anspielung auf das Debakel um die Bankgesellschaft „Geld für Kinder, nicht für Politiker“. Mit dem Warnstreik wollen die Gewerkschaften Innensenator Ehrhart Körting (SPD) zu Verhandlungen bewegen. In einem Tarifvertrag sollen Gruppengrößen und Personalausstattung der Kitas festgeschrieben werden. Körting hat diese Forderung bislang als „unzulässig und gesetzeswidrig“ abgelehnt.

Ver.di-Landeschefin Susanne Stumpenhusen kritisierte unter großem Beifall und einem Pfeifkonzert die Rechtsauffassung des SPD-Politikers als „völlig falsch“ und berief sich dabei auf Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts. Die Kinder dürften als „einflussloseste Gruppe“ nicht für die katastrophale Haushaltslage des Landes büßen. GEW-Landeschef Ulrich Thöne forderte „Schluss mit den ständigen Verschlechterungen in den Kitas“. Der Senat müsse Konsequenzen aus der Pisa-Studie ziehen und die Einrichtungen mit ausreichendem und qualifiziertem Personal ausstatten.

Sollte sich der Senat Gesprächen weiter verweigern, dann „können wir auch noch ganz anders“, warnten die beiden Gewerkschaftschefs. Sowohl Stumpenhusen als auch Thöne wollten sich gestern aber zu weitergehenden Aktionen wie einem Arbeitskampf nicht äußern. Darüber werde erst nachgedacht, wenn sich der Innensenator Verhandlungen verweigern sollte.

Das allerdings könnte schnell der Fall sein. Körting ist nicht bereit, seine ablehnende Haltung zu ändern. „Es kann keine Tarifverhandlungen über diese Dinge geben“, betonte gestern erneut seine Sprecherin Henrike Morgenstern. Die Innenverwaltung ist der Ansicht, die Personalausstattung der Kitas gehöre nicht in einem Tarifvertrag. „Damit würde das Haushaltsrecht des Parlaments ausgehebelt“, so Morgenstern. Körtings Verwaltung hat inzwischen die Bezirke angewiesen, das Gehalt der streikenden ErzieherInnen zu kürzen. Beim letzten großen Kita-Streik Anfang 1990, bei dem die Gewerkschaften bereits die Festschreibung der Personalausstattung im Tarifvertrag durchsetzen wollten, wurden die städtischen Einrichtungen zwölf Wochen lang bestreikt. Insgesamt gibt es in Berlin 852 städtische Kitas, in denen 15.000 ErzieherInnen knapp 100.000 Kinder betreuen. Sie bieten bislang etwa zwei Drittel aller Berliner Kitaplätze an.

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