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„Wir wollen keinen VEB Mondfahrt“

■ Wirtschaftssenator verhandelt mit Space Park über Forderung nach einer Staatsbürgschaft. Mieter für das Einkaufszentrum fehlen, beim „Space Center“ sehen die Banken ein Risiko.

In der SPD-Fraktion macht sich Entsetzen breit. „Schlimm für Bremen“ sei das, wenn der Space Park scheitere, sagt Fraktionssprecher Werner Alfke. Aber staatliches Geld für den Betrieb dürfe es nicht geben: „Wir wollen keinen VEB Mondfahrt.“ Über 200 Millionen Mark hat die Stadt für die Infrastruktur ausgegeben, die Weser-Kaje wird von der Stadt instand gehalten, 77 Millionen sollen der Investitionszuschuss und die Beteiligung der Stadt Bremen an der Köllmann AG betragen – das sei die obere Grenze, hatten SPD-Politiker immer wieder gesagt. Und nun verhandeln Vertreter der Space-Park-Betreiber mit der Stadt über eine 45-Millionen-Euro-Absicherung für die Investitionen in das Raumfahrt-Entertainment-Center.

Offiziell wird das von der Stadt nicht bestätigt. „Vor dem Hintergrund der schwierigen Situation im Einzelhandel und der bekanntermaßen schwierigen Situation des Shopping Centers im Space Park sowie der Qualität der Space-Centzer-Konzeption finden zwischen den privaten Trägern des Space Park und Vertretern des Senats Abstimmungen zwecks Festlegung des Eröffnungstermins statt“, sagt der Sprecher von Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU). Das heißt im Klartext: Obwohl Reiseunternehmen schon für den Herbst Bremen-Trips mit Space-Park-Werbung anbieten, obwohl heute der Marketing-Ausschuss für dieses Jahr noch 552.000 Euro Marketing-Mittel für den Space Park auf der Tagesordnung hat, steht die für den 17. Oktober geplante Eröffnung nicht. Da bis heute unklar ist, wer die Ladenflächen mieten wird, steht auch die Eröffnung der Gastrononie-Betriebe und der Space-Attraktionen in den Sternen. Für letztere muss laut Vertrag die Space Park Development sorgen, eine Tochtergesellschaft des Projektentwicklers Köllmann und der Münchner Anleger-Firma KanAm. Die Banken geben den Kredit für die Entertainment-Atraktionen nur, wenn es einen soliden Bürgen gibt, bestätigte der Space-Park-Sprecher gestern gegenüber der taz. Offenbar wollen weder die Hausbank von Köllmann, die Dresdner Bank, noch der Investor für die Rohbauten, die Fondsgesellschaft Degi, für das Space-Entertainment bürgen.

Wenn die Stadt Bremen mit Köllmann über den Eröffnungstermin redet, muss sie über die beiden unklaren Elemente im Space-Park-Konzept reden. Bürgermeister Henning Scherf hatte jüngst Sympathien für das Interesse des Space Park bekundet, ein exklusives Ladenöffnungs-Recht für die Sonntage zu bekommen. Dies setzt allerdings eine Entscheidung der Bundesregierung voraus. Bremen hatte schon vor längerer Zeit beschlossen, sich mit 10 Prozent an der Köllmann-AG zu beteiligen. Dieser Vorgang liegt aber beim der Wettbewerbskommissar der EU zur Prüfung.

Die Grünen-Wirtschaftspolitikerin Helga Trüpel findet es einen „Skandal“, wenn schon vor der Eröffnung des Space Parks über staatliche Hilfe für das Betreiberrisiko geredet wird. „Beim Musical hat es das erst nach einer gewissen Zeit gegeben“, erinnert sie. SPD-Sprecher Alfke sagt augenzwinkernd: „Wir unterstützen den Wirtschaftssenator in seinem Bemühen, das Betreiberrisiko den Privaten zu überlassen.“ Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel von der Bremer Uni hat es schon lange gewusst: „Das wird ein Riesenflop.“ Er geht davon aus, dass Bremen dem Druck nachgibt : „Der Senat wird einspringen, sonst geht das ganze Projekt in die Hose.“ Eine Investitionsruine in Gröpelingen wäre nach dem Musical-Desaster nicht gerade eine Wahlempfehlung für die schwarz-rote Koalition. Ausgerechnet der für die Staatsfinanzen zuständige Senator Hartmut Perschau (CDU) trägt die Verantwortung, sagt Hickel. „Perschau und sein alter Freund Haller, die das Projekt damals initiiert haben, sind schuld. Es war alles von Anfang an viel zu groß dimensioniert.“ In die Zeitseines Nachfolgers Josef Hattig fällt die Entscheidung, mehr als die Hälfte des ursprünglichen Science-Projektes zum „Shopping Center“ umzudeklarieren. K.W.

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