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Glossar

Weiße Folter meint: Die inhaftierten Mitglieder der RAF seien (und waren tatsächlich) besonderen Haftbedingungen unterworfen. Zum einen werden sie in Zellen verlegt, die sich in leer stehenden Gefängnistrakten („tote Trakte“) befinden. Besuch dürfen sie nur in Gegenwart von Polizeibeamten empfangen. Eigens für RAF-Gefangene wurden Hochsicherheitstrakte eingerichtet. Gefangene, ihre Angehörigen und das Sympathisantenumfeld prangern dies als „weiße Folter“, „Isolationshaft“ oder „sensorische Deprivation“ an. Die Haftbedingungen sind ein zentrales Agitationsfeld des so genannten RAF-Umfelds („Gegen Isohaft – für sofortige Zusammenlegung der Gefangenen“).

Kontaktsperre meint: Unmittelbar nach Bekanntwerden der Entführung Hanns Martin Schleyers am 5. September 1977 veranlasst der Bundesjustizminister, bei 72 Häftlingen jeden Kontakt zur Außenwelt zu unterbinden, „weil dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr geboten“ sei. Dafür gab es aber keine Rechtsgrundlage. Deshalb wurde in einem bis dahin nicht vorstellbaren Gesetzgebungsverfahren innerhalb von fünf Tagen das so genannte Kontaktsperregesetz verabschiedet. Das Gesetz wird im Bundestag ohne Debatte bei drei Gegenstimmen beschlossen.

Zwangsernährung: Insgesamt zehn Hungerstreiks führen die RAF-Gefangenen bis 1989 durch, die stets von einer teilweise auch militanten Kampagne des Unterstützerumfeldes außerhalb der Knäste begleitet werden. Ziel der Nahrungsverweigerung ist zumeist, eine Änderung der Haftbedingungen zu erzwingen. Im Vordergrund steht dabei die Forderung, in größere Gruppen – so genannte interaktionsfähige Gruppen – zusammengelegt zu werden. Die Behörden reagieren auf Hungerstreiks mit „Zwangsernährung“, bei der dem Hungerstreikenden mittels einer Sonde durch die Speiseröhre Nahrung zugeführt wird. Diese Methode wird von den Unterstützern der RAF als Folter charakterisiert. Am 9. November 1974 stirbt Holger Meins nach neun Wochen Hungerstreik.

Generationen: Die Ermittlungsbehörden unterteilen die Mitglieder der RAF in verschiedene Generationen. Zur Gründergeneration gehören, unter anderem, Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Nach ihrer Verhaftung und Aburteilung taucht eine ganze Reihe von Personen, die die RAF-Gefangenen in den Haftanstalten regelmäßig besucht hatten, in den Untergrund ab – die zweite Generation.

Seit Mitte der Achtzigerjahre sprechen die Fahnder von einer dritten Generation der RAF, über die aber bis heute so gut wie keine Erkenntnisse vorliegen. Die fünf tödlichen Anschläge der RAF auf Politiker und Wirtschaftskapitäne seit 1985 konnten bis heute nicht aufgeklärt werden.

WOLFGANG GAST

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