: Auf Umwegen zum Sieg in Kinshasa
Jean-Pierre Bemba: Gestern Mobutu-Schützling, heute Rebellenchef, morgen Kongos Premierminister
Für ihn ist es ein Sieg. Jean-Pierre Bemba, Führer der kongolesischen MLC-Rebellen (Kongolesische Befreiungsbewegung), wird Premierminister der Demokratischen Republik Kongo. Vom Herrn über etwa 800.000 Quadratkilometer Sumpf, Urwald und Busch steigt er auf zum zweitwichtigsten Mann im Staate. Allein die Hauptstadt Kinshasa, wo er in Zukunft regieren soll, hat mehr Einwohner als sein bisheriges Herrschaftsgebiet.
Es stört Bemba wenig, dass das entsprechende Abkommen zwischen seiner Gruppe und Kongos Regierung unter Präsident Joseph Kabila die Kongo-Friedensverhandlungen gesprengt hat. Man erkenne keinen Friedensplan an, der unter ugandischer Aufsicht in einem südafrikanischen Hotelzimmer unterzeichnet wurde, schäumte Kongos größte Rebellenbewegung, die von Ruanda unterstützte RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie). Derweil begab sich Bemba im Triumph nach Uganda und dankte dem dortigen Präsidenten Yoweri Museveni dafür, dass er den Kongolesen geholfen habe, sich zu befreien.
Für Dank hat Bemba allen Grund. Es war Ugandas Armee, die ihn nach ihrer Eroberung des Nordostkongos im Herbst 1998 an die Spitze der eigens gegründeten MLC setzte, die die von Uganda eroberten Gebiete verwalten und ein Gegengewicht zu Ruanda und der RCD darstellen sollte. Davor war der am 4. November 1962 geborene Jean- Pierre Bemba ein unbeschriebenes Blatt, bekannt lediglich als Sohn des Geschäftsmoguls Bemba Saolona, einer der mächtigsten Unternehmer aus der Zeit des 1997 von Laurent Kabila gestürzten Diktators Mobutu.
Bemba Saolona war als einziger der zairischen Mobutu-Millionäre auf Kabilas Seite gewechselt. Er wurde Kabilas Wirtschaftsminister, während seine früheren Geschäftsfreunde die RCD-Rebellion mit gründeten. Dass sein eigener Sohn dann eine eigene Rebellengruppe bekam, gab dem Kongo-Krieg eine kuriose Note des Familienstreits.
Jean-Pierre Bemba machte rasch Mobutus Heimatregion und Ethnie im Nordwesten des Kongos, aus der er selbst stammt, zu seiner Hochburg und regierte sie relativ gut. Rundlich und jovial schritt er seine Truppenformationen ab und gab sich als einziger aufgeklärter Warlord seines Landes. „Einen Staat der ordnet, einen Staat der schützt“, versprach er und behielt die Kontrolle über sein Gebiet auch, als Uganda vor einem Jahr begann, seine Truppen abzuziehen. In weiser Voraussicht knüpfte er neue Kontakte. Die verbliebenen Mobutu-treuen Geschäftsleute aus der RCD liefen zu Bemba über, und er entwickelte auch gute Beziehungen zu Frankreich.
Aus Sicht Kabilas soll das Separatabkommen mit Bemba nun der Regierung in Kinshasa die Macht zuschieben, die bisher die MLC besaß. Aus Sicht Bembas bedeutet das Abkommen jedoch seinen eigenen siegreichen Einzug nach Kinshasa. Er agiert nicht unterwürfig wie ein Buschkämpfer, der kapituliert hat. Im Gegenteil: Für die Annahme des Premierministerpostens stellt er harte Bedingungen – zum Beispiel Abzug der simbabwischen Truppen, die Kabila schützen. Kabila hat sich nun so von Bemba abhängig gemacht, dass er diesem kaum einen Wunsch abschlagen kann. Kurzfristig mag Bembas Alleingang den Frieden im Kongo blockieren – langfristig, so sein eigenes Kalkül, ist es ein Meisterstreich.
DOMINIC JOHNSON
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