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Großes Vertragswerk mit kleiner Wirkung

Deutsche Gaswirtschaft einigte sich auf neue Regeln zur Liberalisierung der Gaswirtschaft. Ab Jahresanfang können nun auch Privatkunden ihren Anbieter frei wählen. Nennenswerte Preisvorteile darf man davon aber nicht erwarten

BERLIN taz ■ Nun hat die Drohung von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller also doch noch geholfen: Die deutsche Gaswirtschaft hat sich nach langem Hickhack am Wochenende auf eine Vereinbarung zur Liberalisierung des privaten Gasmarktes geeinigt. Damit dürfte die Regulierungsbehörde, deren Einrichtung der Wirtschaftsminister für Jahresmitte angedroht hatte, zunächst erst einmal vom Tisch sein. Am Freitag wollen die Verbände der Gaswirtschaft Details bekannt geben und ihr Reglement unterzeichnen. Dies war zuletzt für Mitte April geplant, aber an Detailfragen gescheitert.

Profiteure der Marktöffnung sind zunächst einmal die Verbraucher: Voraussichtlich ab Jahresanfang können sie ihren Gaslieferanten frei wählen. Allerdings ist nicht mit Preisstürzen – wie seinerzeit etwa auf dem liberalisierten Telekom-Markt – zu rechnen. Das hängt, ähnlich wie beim Ölmarkt, mit den Einkaufspreisen der Gasverteiler zusammen. Weil die Importverträge stets über größere Lieferzeiträume abgeschlossen werden, lassen sie nur geringe Spielräume zu. In jedem Fall wird sich aber der Kundensevice verbessern.

Für Industriekunden ist der Gasmarkt bereits seit Juli 2000 liberalisiert. „Seitdem gab es 70 Durchleitungsfälle“, sagt Wolfgang Prangenberg, Sprecher des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). Das bedeutet: Lediglich 70 Großkunden wechselten in knapp zwei Jahren ihren Anbieter. Über die Preisentwicklung gibt es nur Schätzungen, weil die Verträge nur selten öffentlich werden. VKU-Sprecher Prangenberg beziffert den Preisvorteil „mit unter zehn Prozent“.

Gestritten hatten die Verbände bis zuletzt über das Modell, nach dem die Entgelte berechnet werden, die Händler für die Nutzung der Gasnetze zahlen müssen. Bislang galt ein so genanntes Punkt-zu-Punkt-Modell: Der Durchleiter musste einen entfernungsabhängigen Obulus entrichten. Künftig wird es zwei Tarife geben: Der überregionale bleibt entfernungsabhängig, der für Privatkunden relevante ist pauschal. Das bedeutet: Egal ob Wohnung im Zentrum oder Eigenheim vor den Toren der Stadt – der Tarif für Privathaushalte oder Kleingewerbe ist gleich.

Das Zustandekommen der so genannten Verbändevereinbarung II für Erdgas gilt als ein wichtiges ordnungspolitisches Signal: Die Frage, ob der Staat zwingend in die Wirtschaft eingreifen muss, ist jetzt beantwortet. Ob die Verbändevereinbarung als Antwort allerdings praktikabel ist, muss sich erst noch erweisen. NICK REIMER

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