piwik no script img

Deutsche sollen Italiens Grenzen schützen

EU-Kommission plant Aufbau einer gemeinsamen Grenzpolizei innerhalb von fünf Jahren. Regierungen noch dagegen

BRÜSSEL taz ■ Die EU-Kommission hat gestern einen Stufenplan verabschiedet, der mehr Sicherheit an den Außengrenzen gewährleisten soll. In einem ersten Schritt wird innerhalb eines Jahres eine Koordinierungsgruppe aus Grenzbeamten und Wissenschaftlern gegründet, die den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsländern verbessern soll. Sie soll außerdem Schwachstellen und Risiken eingrenzen und herausfinden, wo die Außengrenzen am wirkungsvollsten geschützt werden.

In dieses System sollen die Kandidatenländer schon jetzt eingebunden werden. Zwar bedeute die Erweiterung kein erhöhtes Sicherheitsrisiko, wie der zuständige Kommissar António Vitorino gestern betonte. 60 Prozent der EU-Fördermittel aus dem Tacis-Programm, mit denen die neuen Mitglieder EU-Standards erreichen sollen, werden ausschließlich in Grenzanlagen, Ausbildung und Ausrüstung von Grenzbeamten investiert. Experten aus der alten EU arbeiten schon jetzt als Berater an den neu entstehenden Außengrenzen im Osten.

Gerade dort zeigt sich aber, dass die Lasten künftig gerechter verteilt werden müssen. Nach der Erweiterung geben Österreich und Deutschland einen großen Teil der Verantwortung an Polen, Tschechien und die Slowakei ab. Länder wie Spanien oder Italien mit langen unübersichtlichen Küstengrenzen tragen weiterhin einen Löwenteil der Kosten und der Risiken. Deshalb ist gerade Italien daran interessiert, den Grenzschutz künftig teilweise aus dem Gemeinschaftshaushalt zu finanzieren. Kommissionspräsident Romano Prodi betonte gestern, dass auch die Verantwortung gerechter verteilt werden müsse: „Wenn alle daran beteiligt sind, sind alle gleich verantwortlich für die effiziente Kontrolle“, sagte er.

Am 30. Mai will Italien eine Studie vorlegen, die Möglichkeiten für eine gemeinsame EU-Grenzpolizei auslotet. Bis Ende des Jahres hat die Kommission eine Machbarkeitsstudie über den gemeinsamen Schutz der europäischen Küsten in Aussicht gestellt. In einem nächsten Schritt soll die Ausbildung und Ausrüstung in der Union harmonisiert werden. Mittelfristig soll ein europäisches Kolleg für Grenzschutzbeamte entstehen. Innerhalb von fünf Jahren, so der für Justiz und Inneres zuständige Kommissar Antonio Vitorino gestern, soll der gemeinsame EU-Grenzschutz aufgebaut sein.

Geht es nach den Vorstellungen der Kommission, werden dann deutsche oder französische Beamte, die zum Beispiel an Italiens Küste stationiert sind, dort Schleuser und illegale Flüchtlinge in Gewahrsam nehmen können. Vor diesem Schritt schrecken die nationalen Innenminister bislang noch zurück. Die Kommission ist aber optimistisch, dass ihr Stufenplan eine Diskussion in Gang setzt. Früher oder später müssten die Mitgliedsstaaten erkennen, dass Kriminalität in einer globalisierten Welt nicht mehr mit nationalen Polizeikräften allein bekämpft werden könne, so Romano Prodi gestern. DANIELA WEINGÄRTNER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen