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Auch verlassene Väter leiden

■ Bremer Studie zeigt: Auch Trennungspapas leiden. Der Verlust ihrer Rolle als Familienernährer frustriert sie, macht sie manchmal sogar krank – ja und?

„Scheidungen haben für Männer sehr weitgehende Auswirkungen. Viele erleben eine große Krise ihres Selbstwertgefühls.“ Oder, kurz gefasst: Auch Trennungsväter leiden. Das ist das Ergebnis der Studie, die der Sozialwissenschaftler Gerhard Amendt vom Institut für Geschlechter- und Generationsforschung an der Universität Bremen am Mittwoch vorstellte.

Als Hauptursache des Leids nennt der Wissenschaftler den Rollenverlust der Männer als Familienernährer. Die daraus resultierende Sinnkrise der Männer hat offensichtlich weitere Probleme zur Folge, vor allem im beruflichen und gesundheitlichen Bereich. Amendt will mit der Studie das „Klischee vom emotional unabhängigen Mann oder Vater, der sich jedweder Verantwortung entledigt“, widerlegen. Dafür scheint er bereit, mit dem Klischee zu arbeiten, dass Väter die Alleinernährer der Familie sind. Zu Hilfe kommt ihm dabei ein anonymer Sponsor, der die Untersuchung finanziell unterstützte.

Die Studie basiert auf einer nicht repräsentativen Befragung, die in zwei „Wellen“ durchgeführt wurde, von deren erste – 2.100 beantwortete Fragebögen – ausgewertet ist. Unter www.vaeterstudie.de konnten alle, die einen Zugang zum Internet haben, den Fragebogen online ausfüllen.

Als wichtigsten Beleg für das Leiden von getrennten Vätern verweist Amendt darauf, dass 76 Prozent der antwortenden Männer angaben, kurz- oder langfristig „körperliche oder seelische Beschwerden“ gehabt zu haben. Welcher Art, ob Schlafstörungen, Angstzustände, Kopfschmerzen oder Magengeschwüre, blieb offen. Am häufigs-ten hatten Trennungen einen negativen Einfluss auf die Gesundheit der betroffenen Männer, wenn der Trennungswunsch von der Partnerin ausging.

Je höher der Bildungsgrad der Befragten, desto besser allerdings die Chance, die Krise zu bewältigen. 37 Prozent der Väter verlieren nach Aussage der Bremer Studie durch eine Trennung das Interesse am Beruf, 33 Prozent stürzen sich zur Kompensation übermäßig in die Arbeit. Außerdem haben die WissenschaftlerInnen ermittelt: Es besteht ein Zusammenhang zwischen beruflicher Leistungsfähigkeit und psychischer Belastung. Und: Wenn Väter zu reinen „Zahlvätern“ würden, könnte das dazu führen, dass sie sich „bei Unterhaltszahlungen zurückhalten“.

Amendts Konsequenz aus den bisherigen Untersuchungsergebnissen: Es müsse ein Männergesundheitsbericht her. Immerhin gebe es ja auch einen Frauengesundheitsbericht. Er forderte außerdem eine größere gesamtgesellschaftlich Sensibilität für Probleme von Vätern: „Wir brauchen ein Klima, in dem Männer sich nicht für ihre Probleme schämen müssen“, sagte er.

Berufliche Schwierigkeiten der Trennungsväter sollten Betriebe mit Hilfe von Psychologen auffangen. Schließlich folgt eine Erkenntnis, mit der die Frauenbewegung spätestens seit den achtziger Jahren immer wieder für spezielle Frauenberatungsstellen argumentiert: „Wir brauchen Beratungsstellen für Männer, denn es ist was anderes, ob sich ein Mann Gedanken um die Zukunft seiner Familie macht oder eine Frau.“

Obwohl die wenigsten Ergebnisse überraschten, betonte Amendt, es handele sich um die erste wissenschaftliche Untersuchung dieser Art und Größe. Fazit des Wissenschaftlers: „Vieles, was die Forschung produziert, ist nicht überraschend.“

Ulrike Bendrat

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